„Diese Kinder brauchen unsere Hilfe“

Carmen Dür engagiert sich mit ganzem Herzen für das Straßenkinderprojekt ihres Sohnes.
Hard Schmutz, Gestank, Hitze. Kein Wasser, kein Strom, keine sanitären Anlagen. Die Lebensbedingungen der Menschen in den Armenvierteln auf der Philippineninsel Mindanao sind katastrophal. Da sind auch noch die Straßenkinder. Berauscht vom Klebstoffschnüffeln, gezeichnet von Gewalt. Carmen Dürs Sohn zog vor 13 Jahren nach Mindanao, um ein Hilfsprojekt zu gründen. Seine Entscheidung konnte sie anfangs nicht verstehen: „Hier in Vorarlberg könnte Mathias ein komfortables Leben führen. Er aber zieht Armut und Unsicherheit vor.“

Längst versteht Carmen ihren Sohn. Wie es dazu kam und ein bisschen mehr aus ihrem Leben erzählt die 63-Jährige an einem Nachmittag in ihrem Harder Zuhause.
Carmens Leben begann am 18. August 1962 in Lustenau. Dort wuchs sie mit drei älteren Brüdern auf, erlernte den Friseurberuf, legte die Meisterprüfung ab. 20 Jahre führte sie einen Salon in Dornbirn. Mittlerweile ist sie pensioniert. Reinhard begegnete sie vor 46 Jahren in einem Bregenzer Lokal. Der charmante Mann habe ihr gleich gefallen, weiß sie noch. Geheiratet wurde 1985. Im Jahr darauf kam Sohn Mathias zur Welt, 1991 Tochter Bettina. Ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen, darauf legten beide Elternteile großen Wert. Die Tochter ist heute Personalreferentin in München. Der Sohn absolvierte die HTL mit dem Berufstitel Ingenieur für Automatisierungstechnik. Er entschied jedoch, keine der ihm hierzulande angebotenen Stellen anzunehmen. Den jungen Mann zog es nach Mindanao, ins Armenviertel Makabalan der Stadt Cagayan de Oro, zu den Straßenkindern. Um solchen Kindern effektiv helfen zu können, rief Mathias den Verein „Just One Touch“ ins Leben. Er sammelte Spenden und baute ein Heim, in dem Straßenkinder ein Zuhause mit gesunder Ernährung, medizinischer Betreuung, Bildung und Geborgenheit finden.

Carmen erinnert sich an den Abschied von Mathias, damals, vor 13 Jahren: „Er machte mir klar, dass er eine andere Vision vom Leben hat als ich. Das musste ich akzeptieren.“ Dennoch hat sie den Sohn von Anfang an unterstützt – von Hard aus, wo der Verein seinen Sitz hat und dem sie als Obfrau vorsteht. Mit Reinhard als Vizeobmann und Bettina als Schriftführerin ist „Just One Touch“ ein Herzensprojekt der ganzen Familie Dür.
Mathias‘ Lebensplan sieht Carmen mit anderen Augen, seit sie sich sein Hilfsprojekt vor Ort angeschaut hat. 2022 reiste sie mit ihrem Mann nach Mindanao. Angekommen in Cagayan de Oro, konfrontierte Mathias seine Eltern mit dem tristen Dasein von Slumbewohnern und Straßenkindern, bevor er sie zu seinem Kinderheim führte. Dieses steht auf einem Hügel, eine Stunde von der Stadt entfernt. Von dem weißen Haus mit rotem Ziegeldach, finanziert vom Lions Club Bregenz, war Carmen beeindruckt: „Dann sah ich die Kinder. 18 muntere Jungen und Mädchen zwischen sechs und 14 Jahren. Und mir wurde bewusst, was Mathias leistet.“

Um das Straßenkinderprojekt zu erhalten, benötigt der Verein (www.just-one-touch.org) dringend Geld. Darum ist Carmen auf der Suche nach Spenden: „Wir brauchen pro Monat 3000 Euro für die Versorgung der Kinder, die Löhne für Lehrpersonen, Sozialarbeiter, Hausmeister und Koch-Ehepaar.“ Mathias erhält keinen Cent. „Er muss jedoch für seinen Lebensunterhalt aufkommen, darum arbeitet er jetzt als Englischlehrer an einer Schule in Thailand“, erklärt Carmen. „Zurzeit pendelt er zwischen den zwei Ländern.“

Wünsche? „Mein Herzenswunsch ist, dass ich es schaffe, genug Spenden aufzutreiben, damit wir ‚Just One Touch‘ weiterführen können. Diese Kinder brauchen unsere Hilfe.“