Kaum Auswirkungen auf Europa erwartet

Von „Rechtsruck“ bis Kurz-Macron-Vergleich: Internationale Korrespondenten analysieren die Wahl.
wien Interessante Analysen, Einschätzungen und Reaktionen: Das Wahlstudio der Vorarlberger Nachrichten, der anderen Bundesländerzeitungen und der „Presse“ in der Wiener Hofburg bot am Sonntag ein vielfältiges Programm. Um den Blick des benachbarten Auslands auf die Wahl zu analysieren, kamen auch die Korrespondenten der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), Meret Baumann, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Stephan Löwenstein, und des Handelsblatts, Hans-Peter Siebenhaar, zu Wort. Der Tenor der Diskussion: Das Abschneiden der FPÖ, aber auch der Triumph von Sebastian Kurz (ÖVP) sind in Deutschland und der Schweiz zwar von großem Interesse. Tiefgreifende Auswirkungen auf Europa erwarten sich die Korrespondenten aber nicht.
Rechte zugelegt
Einen „signifikanten Rechtsruck“ sieht Baumann (NZZ) nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen. „Österreich biegt nach rechts ab“, würde wiederum Hans-Peter Siebenhaar vom Handelsblatt spontan als Schlagzeile einfallen. Löwenstein kommt zu einem anderen Schluss. Er glaube nicht, dass man von einem Rechtsruck sprechen könne, meint der Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Klar haben die Rechten gegenüber der letzten Wahl zugelegt. Die längste Zeit sah es aber so aus, als würde die FPÖ Erste werden.“ Das habe sich nun nicht bewahrheitet, vielmehr seien die bürgerlichen Parteien insgesamt gestärkt worden.
Angesprochen auf Vergleiche zwischen Kurz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron oder Kanadas Premierminister Justin Trudeau winkt Baumann ab. „Diese Vergleiche sind unpassend. Macron hat mehr gewagt als Kurz. Er hat die Sozialisten verlassen und eine eigene Partei gegründet, konnte nicht Finanzen und Strukturen in Anspruch nehmen“, meint sie. Auch Löwenstein sieht das so. Der FAZ-Redakteur glaubt zudem nicht, dass sich die Zusammenarbeit des wahrscheinlich zukünftigen Kanzlers Kurz mit Angela Merkel verkomplizieren wird – trotz der Kritik des ÖVP-Chefs an der deutschen Regierungschefin. „Ich schätze Merkel als pragmatisch ein. Sie wird mit Kurz nicht schlechter zusammenarbeiten.“ In der Praxis mache Deutschland in der Flüchtlingspolitik mittlerweile nicht viel anders als Österreich. „Im Ton wird man zueinander finden“, meint er.
Vergleich mit AfD
„In Deutschland guckt man natürlich genau auf die österreichische Wahl“, betont Siebenhaar. Immerhin sei die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) als drittstärkste Kraft in den Bundestag eingezogen. Nun werde darauf geachtet, wie die Koalitionsbildung abläuft und ob die FPÖ Teil der neuen Regierung wird. „Rechtspopulismus ist ja kein österreichisches Phänomen, in fast allen westeuropäischen Demokratien haben wir diesbezüglich ähnliche Verhältnisse“, konstatiert Siebenhaar. Ähnlich sieht das Löwenstein. In diesem Zusammenhang glaubt er auch, dass eine mögliche Regierungsbeteiligung weniger Aufregung in der EU auslösen werde, als dies noch im Jahr 2000 der Fall war. Dass der Wahlausgang in Österreich Auswirkungen auf ganz Europa haben kann, stellen die Korrespondenten in Abrede. „Ich halte Österreich nicht für ein Schlüsselland, das die gesamte europäische Ausrichtung beeinflusst“, sagt Löwenstein. Diesbezüglich sei das Abschneiden der Rechtspopulisten bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016 interessanter gewesen – auch mit Blick auf die folgenden Urnengänge in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland.
„Frankreichs Präsident Macron hat mehr gewagt als Kurz.“
„In Deutschland guckt man natürlich genau auf die österreichische Wahl.“
„Kanzlerin Merkel wird mit Kurz nicht schlechter zusammenarbeiten.“






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