Lust auf etwas Neues wächst

Nach schwierigen Monaten liegt der Fokus bei Alessandro Hämmerle auf dem Weltcup.
Schwarzach Es ist wie immer – „the same procedure as every year“. Und doch fühlt es sich irgendwie anders an, wenn der Snowboardcross-Olympiasieger Alessandro „Izzi“ Hämmerle in seine nunmehr 13. Weltcupsaison startet. In einem sehr persönlichen Gespräch gibt der inzwischen 30-jährige Sieger von „Beijing 2022“ Einblicke und bietet auch Ausblicke.
Sein älterer Bruder Michael ist als Mediziner tätig, sein jüngerer, Luca (26), noch voller Tatendrang ob der bevorstehenden Saison im Snowboardcross-Weltcup. Mit ihm zusammen ging es am Dienstag in Richtung Frankreich, wo in Les Deux Alpes der Weltcupauftakt erfolgen wird. Julian Lüftner (30) sowie Elias Leitner (20) vom Europacupteam vervollständigten das Vorarlberger Aufgebot, das sich gemeinsam auf den Weg machte.
Wenn der Kopf das Problem ist
Bei „Izzi“ hat sich seit der Gehirnerschütterung, erlitten im Training im Montafon, und dem Schlag auf den Kopf bei der WM 2023 in Bakuriani die Sichtweise auf seinen so geliebten Snowboardcross-Sport doch ein wenig verändert. Denn die Auswirkungen der Kopfverletzung zogen sich über das gesamte Frühjahr bis in den Sommer hinweg. Oft und oft ließ er sich durchchecken, steckte das Training ganz auf die Gegebenheiten ab, doch irgendwie blieb in ihm ein blödes Gefühl. „Die Werte zeigten nichts an und ich konnte es selbst nicht erklären. Du spürst den Schwindel und weißt, dass irgendwas nicht stimmt“, erzählt er.
Das Training sei ein Balanceakt gewesen. „Weil du dieses Gefühl, diese Unsicherheit mit in die Einheiten nimmst.“ Immer wieder habe er abwägen müssen, wie intensiv das Training ausfallen könne. „Die eigentliche Antwort darauf hat mir erst der Kopf am Tag danach gegeben“, spricht er über eine nicht sehr einfache Zeit. Schließlich führte ihn ein Gespräch mit Leonardo Zottele zu einem Therapeuten nach Berlin. Denn der 24-jährige, ehemalige Profifußballer hatte wegen Problemen nach einer Gehirnerschütterung Ralf Reibert (Input1st), einen Spezialisten auf dem Gebiet der gehirnbasierten Therapie, aufgesucht. Insgesamt dreimal reiste Hämmerle zur Behandlung in die deutsche Hauptstadt und fühlt sich jetzt „grundsätzlich gesund“. Und fügt mit einem leichten Schmunzeln hinzu: Das Knie zwicke hin und wieder, aber damit könne er gut umgehen.
Gedankenspiele
Er habe, so gesteht Hämmerle, in der Zeit öfter an Markus Schairer, seinen ehemaligen Teamkollegen gedacht. Der heute 36-Jährige, Ex-SBX-Weltmeister von 2009, hatte seine Karriere 2018 nach einem Bruch des fünften Halswirbels vorzeitig beenden müssen. „Das Ziel, gesund aufzuhören, ist dann plötzlich da. Aber ich weiß natürlich, dass es eine Challenge ist, den Absprung richtig zu finden.“ Eines jedoch könne er nicht mehr verbergen, nämlich: „Die Lust auf etwas Neues ist größer geworden.“ Auch wenn er sich diesbezüglich noch in der „Orientierungsphase“ (Hämmerle) befinde.
Saisonstart
Jetzt gelte es, sportlich gut in die Saison mit den acht geplanten Weltcup-Stopps zu starten. „Bodenständig starten, keinen großen Druck erzeugen“, lautet seine Devise. Im Training sei es gut gelaufen, Hämmerle gehörte stets zu den Schnellsten im ÖSV-Kader. Auch mit den Veränderungen am Material habe er sich schnell angefreundet. „Die Boards sind den heutigen Kursen, die enger und drehender sind, angepasst worden. Die Zeit der Autobahnen ist vorbei“, klärt er auf, ohne dabei allzu viel verraten zu wollen.
Erinnerungen
Sehr gerne erinnert sich der „Container“-Schüler Alessandro Hämmerle an seine beiden Schuljahre im Sportgymnasium in Dornbirn, das gestern neu eröffnet wurde. „Sehr angenehm“, sagt er, habe er die Zeit in Erinnerung. Zumal er nach drei Jahren im Internat in Stams auch die „ein wenig andere Freiheit für den Sport“ genossen habe. Dafür ist er dankbar. Und in Dornbirn sind sie stolz auf ihren Olympiasieger.

