Deshalb dauert die Verpflichtung von Heraf so lange

Austria Lustenau und der Trainer sind sich einig, nur Bregenz zögert noch.
Bregenz, Lustenau Andreas Heraf soll neuer Trainer von Austria Lustenau werden, das schien bereits gestern Nachmittag fix und wurde von Austria-Vorstandssprecher Bernd Bösch auf Nachfrage bestätigt. Doch es fehlte noch die Freigabe von Herafs bisherigem Klub SW Bregenz, mit dem die Austria-Verantwortlichen ab 15 Uhr verhandelten. Die Bregenzer hörten sich die Wünsche der Grün-Weißen für ihren Erfolgscoach an und erbaten Bedenkzeit. „Ja, uns liegt ein erstes Angebot der Austria vor“, bestätigte Predrag Zivanovic, Sportvorstand der Schwarz-Weißen. Doch zu einer Einigung kam es gestern bis zum Abend noch nicht, die Bregenzer verspüren auch keinen Druck auf einen Vollzug. „Fix ist aus unserer Sicht noch nichts, denn gratis gibt es unseren Trainer nicht. Wir sind am Montag erstmals mit Austria Lustenau zusammen gesessen, aber die Vorstellungen gehen noch weit auseinander“, sagte SW-Präsident Thomas Fricke.

Eine Frage der Ablöse
Die Trainersuche der Grün-Weißen nahm in den vergangenen Tagen Fahrt auf. Nachdem sich das Sportgremium des Vereins auf einen im Abstiegskampf erfahrenen Coach geeinigt hatte, rückte Heraf als Topkandidat bald ins Zentrum des Interesses. Der Wiener hatte am 24. November im VN-Telefonat selbst sein Interesse am Job beim Bundesliga-Schlusslicht bekundet, allerdings soll es damals noch keinen persönlichen Kontakt zur Austria gegeben haben. Vor zwei Wochen kontaktierten die Lustenauer schließlich SW Bregenz – aufgrund des Stadions standen die Verantwortlichen zuletzt regelmäßig im Austausch – mit der Bitte, Gespräche mit dem Coach führen zu dürfen. „Erst Samstag Nacht haben wir von seinem Berater erfahren, dass Heraf ein Angebot aus Lustenau vorliegt“, sagt Fricke, der aber betont, dass sich die Austria fair verhalten habe. Der Wiener hatte zwar die Zusage, dass die Bregenzer ihm keine allzu großen Steine in den Weg legen würden. Allerdings verfügt Heraf über keine Ausstiegsklausel beim Zweitligisten und muss deshalb aus seinem gültigen Vertrag herausgekauft werden. „Sicher nicht gratis“, betont Fricke, der mit einer Einigung am Mittwoch rechnet, „wir werden Andreas Heraf aber nichts in den Weg legen.“

“Freundschaft“ auf Probe
Im Zuge des Neubaus des Reichshofstadions und der langwierigen Suche nach einem Ausweichquartier gab es in den vergangenen Monaten zahlreiche Überschneidungen zwischen den ehemaligen Erzrivalen in Schwarz-Weiß beziehungsweise Grün-Weiß. Der Umzug der Austria nach Bregenz für mindestens eineinhalb Jahre eröffnete dem Traditionsverein aus der Landeshauptstadt neue Möglichkeiten. Der Einbau der Rasenheizung, der vom Zwischenmieter finanziert wurde, ermöglicht es den Bregenzern, zukünftig um die Bundesliga-Lizenz anzusuchen und dadurch am Lizenzbonus in sechsstelliger Höhe zu partizipieren.

Allerdings mussten die Bregenzer aufgrund des Einbaus der Rasenheizung und der damit verbundenen Erneuerung des Untergrunds ihre letzten drei Heimspiele des Jahres in Lustenau austragen. Ein Umstand, der vor allem den Fans überhaupt nicht schmeckte. Die Abwerbung des Erfolgstrainers stellt die neue „Freundschaft“ zwischen der Austria und Schwarz-Weiß nun auf eine neue Probe. Doch die Zweckgemeinschaft muss zumindest bis 2025 funktionieren, so lange teilen sich beide Klubs das ImmoAgentur-Stadion als Heimstätte.

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Der Werdegang Herafs
Heraf ist ein Trainer mit einer klaren Philosophie. Der langjährige ÖFB-Nachwuchscoach steht für einen defensiv organisierten Fußball mit dem Fokus auf die Torverhinderung. Mit Aufsteiger Bregenz kassierte er in der laufenden 2.-Liga-Saison nur 14 Gegentore in 15 Spielen und führte den Klub, den er vor einem Jahr übernommen hat, auf den sensationellen dritten Rang.
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Der Wiener betreute die Austria bereits von 2003 bis 2005 und landete damals in der „Erste Liga“ (zweithöchste Spielklasse) auf den Rängen zwei und vier, ehe er den Klub auf eigenen Wunsch verließ. Es folgten Engagements in Schwanenstadt, Pasching und Parndorf ehe er für neun Jahr beim ÖFB andockte. 2017 folgte ein Anruf des damaligen Austria-Lustenau-Präsidenten Hubert Nagel mit der Frage, ob er nicht Nachfolger von Lassaad Chabbi werden wolle. Heraf überlegte und entschied sich zunächst gegen eine Rückkehr nach Lustenau, weil er ein Angebot des neuseeländischen Verbandes als Technischer Direktor vorliegen hatte. Das Engagement in Ozeanien endete allerdings im Streit, Heraf kehrte ein Jahr später nach Österreich zurück und ging zunächst ein wenig erfolgreiches Gastspiel als FAC-Trainer ein. Nach zehn Spielen war für ihn schon wieder Schluss in Floridsdorf, es folgte der Wechsel als Co-Trainer von Gerald Baumgartner zur SV Ried. Als der Chef im Innviertel entlassen wurde, übernahm Heraf und hielt mit den „Wikingern“ 2021 die Klasse, im Herbst musste dann auch der Wiener gehen. Nach einem kurzen Stopp bei Türkgücü München, das in der Insolvenz und dem vorzeitigen Meisterschaftsausstieg der Münchner endete, folgte im Winter 2021/22 der Wechsel nach Bregenz.