Paragleiter versus Mindestflughöhe: “Mit uns kann man so nicht umgehen”

Sport / 25.03.2024 • 11:15 Uhr
Simon pavlovic
Simon Pavlović kämpft für seinen Sport, auch im Verwall. VN/Rauch

Im Verwall gilt zum Schutz der Tiere eine Mindestflughöhe. Für die Gleitschirmflieger eine Katastrophe, die sich zu Unrecht betroffen fühlen.

Lochau Am Verwall, entlang der Luftlinie von Langen am Arlberg nach St. Gallenkirch, ist eines der größten Schutzgebiete Vorarlbergs. 12.122 Hektar umfasst es – und ist nun für die Betroffenen eine faktische Flugverbotszone für Gleitschirme. “Wir sind aus allen Wolken geflogen, als das dann wirklich so beschlossen wurde”, ist Landessektionsleiter der Gleitschirmflieger Simon Pavlović entrüstet. Er steht am Landeplatz in Lochau, rund um ihn landen im Minutentakt Piloten aus dem Vierländereck.

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Das Paragleiten zieht immer mehr Menschen von außerhalb nach Vorarlberg, betont der Landessektionsleiter. VN/RauchAuch in Lochau hört man am Freitag Dialekte aus dem gesamten Umland.

“Wir haben gewusst, dass die Vorarlberger Landesregierung diese Idee hat”, räumt der dem Gleitschirmverein Staufen zugehörige Sektionsleiter ein. Aber man dachte an einen Verwaltungsfehler und gab eine Stellungnahme ab. Die verordnete Mindestflughöhe von 300 Metern auf einem solch großen Gebiet stellt für die unmotorisierten Gleitschirmfliegern ein Problem dar. Denn unmotorisierte Gleitschirme gelten in Österreich als Flugobjekt, gleich einer Drohne oder einem Hubschrauber. Sie sind aber von der Thermik abhängig und haben nur wenig Einfluss auf die Flughöhe oder wann sie in welchem Gebiet landen müssen.

Paragleiter versus Mindestflughöhe: "Mit uns kann man so nicht umgehen"
Das Schutzgebiet umfasst 120 Quadratkilometer. VOGIS/Vorarlberg Atlas

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Auch ist es für ihn kaum vorstellbar, dass die Paragleiter die Brut im Vogelschutzgebiet gefährden könnten. “Vor allem Raubvögel lieben es, mit uns zu fliegen”, versichert Pavlović. Der Gleitflugsport kennt mit dem Parahawking eine Verknüpfung zur Falknerei, Gleitschirme spielten auch bei der Wiederansiedlung des Waldrapps eine tragende Rolle. “Uns ist der Vogelschutz unheimlich wichtig und wir können diese Verordnung überhaupt nicht verstehen”, betont der Landesleiter.

Natura 2000 versus “sanften Tourismus”

“Das ist ein Natura-2000-Schutzgebiet und dementsprechend müssen wir auch der EU-Kommission nachweisen, welche Schritte wir setzen, dass dieses Gebiet geschützt wird“, erklärt Zadra gegenüber dem ORF Vorarlberg. In anderen Schutzgebiete in Österreich gelte ein tatsächliches Flugverbot. Ursprünglich sei eine Mindestflughöhe von 450 Metern angedacht gewesen, betont man gegenüber den VN, die 300 Meter seien ein Entgegenkommen. Diese Mindestflughöhe sei mit einem Flugverbot nicht vergleichbar. Und auch der lautlose Paragleiter könne Brutvögel und Wild stören, betont das Land. Etwa, in dem sie die Tiere überraschen und zur Flucht treiben.

Ob sich die Fauna an Gleitfliegern stört, beschäftigte auch schon die Wissenschaft. Das Schweizer Bundesamt für Umwelt kommt in ihrer Studie zu Freizeitaktivitäten in der Natur zum Schluss, dass die modernen Gleiter nicht mehr so bodennah fliegen wie frühere Versionen und damit Säugetiere weniger stören als vor zwanzig Jahren. Negative Auswirkungen auf Vögel seien am ehesten dann zu erwarten, wenn man den Brutfelsen zu nahe käme.

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Eine Landeanflug in Lochau. Da man dieselben Naturgesetze wie Greifvögel nutzt, fliege man oft und gern gemeinsam. VN/Rauch

Problematisch ist die Mindestflughöhe über den Verwall hinaus. “Eine Disziplin im Gleitschirmfliegen ist der Streckenflug”, erklärt Pavlović. Vom Hochjoch, einem der erlaubten Startplätze im Land, sind nun jedoch alle Gebiete jenseits des Verwalls unerreichbar. Dabei kämen immer mehr Gleitflieger nach Vorarlberg. “Wir sehen uns als Botschafter des sanften Tourismus”, betont der Bregenzer. Vergangenes Jahr führte sogar die Red Bull X Alps über den Piz Buin. “Das war eine riesen Sensation für den Vorarlberger Tourismus”, betont der Paragleiter. Er fürchtet, dass solche Mindestflughöhe langfristig dem nachhaltigeren Tourismus im Land schaden könnten, da eine wachsende Touristengruppe abgeschreckt wird.

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Sauer stößt den Sportlern auf, dass es Ausnahmen für Hubschrauber gibt, aber nicht für die Gleitflieger. So dürfen für forstwirtschaftliche, jagdliche und hoheitliche Gründe Hubschrauber ebenso einfliegen wie zur Versorgung der Schutzhütten. Von April bis Mitte Juni jedoch nur in Abstimmung mit der Verwaltung. Und das Land habe die Störung der Wildtiere durch die Paragleiter nicht untersuchen lassen. “Wir werden in unseren Grundrechten beschränkt, ohne dass das Land ein Gutachten oder Studie vorweisen kann”, klagt Pavlović. Daher sieht er die Chancen gut, die neue Verordnung auf dem Rechtsweg zu bekämpfen. “Sollte es nicht funktionieren – was wir nicht glauben – dann möchten wir einfach ein starkes Zeichen setzen und sagen dem Land Vorarlberg, schaut, wir sind die Botschafter des sanften, naturnahen Tourismus und mit uns kann man so nicht umgehen.”