Meine persönliche „Tour d‘Horizon“
Der französische Patriotismus fühlt sich als Österreicher ziemlich ungewohnt an. Die „Tricolore“, die französische Flagge mit den Farben Blau, Weiß und Rot, ist nicht nur während Olympia allgegenwärtig. Dazu wird während der Veranstaltungen mit französischer Beteiligung immer wieder voller Inbrunst die Marseillaise gesungen. „Land der Berge“ hört man dagegen selbst bei Sportevents in Österreich selten. Der Umgang mit ihrer eigenen Nation gestaltet sich für Franzosen zunächst unverkrampft und ist vor allem mit Stolz verbunden. Ebenso stolz sind die Franzosen auf ihre eigene Sprache. Allerdings haben sich die Zeiten geändert. Während bei meinen Frankreich-Aufenthalten in der Vergangenheit viele Einheimische entweder Englisch nicht verstanden oder nicht verstehen wollten, kommt man inzwischen mit Englisch relativ gut durch, auch außerhalb der olympischen Stätten. Einzelne Ausnahmen bestätigen „naturellement“ die Regel.
Als guter Gast will man sich aber ohnehin den Gastgebern anpassen und versucht sich zunächst in der Sprache des Landes. Mein Schulfranzösisch ist längst vergessen oder hat den „Tour d‘Horizont“ (so hießen zumindest unsere Französisch-Bücher im Gymnasium) nie verlassen. Dennoch bereitete ich mich in den vergangenen Monaten per Sprach-Lern-App auf die Kommunikation in Frankreich vor. Mein Engagement schien sich ausgezahlt zu haben, zumindest wurden meine ersten Bestellungen allesamt verstanden; aber wahrscheinlich gehört „une bière, s‘il vous plaît“ nicht zur Königsklasse des Sprachverständnisses.
Bei der Abholung der Akkreditierung wollte ich schließlich mit meinen Kenntnissen punkten. Bei der sympathischen Volontärin stellte ich mit einem selbstbewussten „Bonjour“ vor. Es folgte eine lange Frage ihrerseits, von der ich kein Wort verstand. Nach einer Sekunde peinlichen Schweigens lenkte ich kleinlaut ein: „Parlez-vous anglais aussi?“
Es folgte ein verständnisvolles Lächeln und sie wiederholte ihre Frage in beinahe akzentfreiem Englisch. Sprachlich war sie mir weit überlegen.
Knapp eine Woche dauert mein Aufenthalt in Paris bereits, langsam gewöhnt sich das Ohr an die französische Aussprache. Deshalb habe ich mir fest vorgenommen, am Ende der Spiele nicht mehr kleinlaut zurückrudern zu müssen.
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