Rhombergs Rochade in letzter Sekunde

Pferd Colestus Cambridge wird von Dornbirnerin geritten.
Paris Der Neuigkeitswert bei Pressekonferenzen vor einem Olympiaeinsatz ist meist überschaubar. Die Athleten stehen noch vor ihrem Wettkampf und sprechen zuverlässig über die Bedingungen („schwierig, aber für alle gleich“), die Eindrücke von den Spielen bisher („beeindruckend“) und ihre Erwartungen („eine Medaille wäre schön, kann man aber nicht planen“).

Das, was Katharina Rhomberg zwei Tage vor ihrem Wettkampf auf der PK-Bühne vor dem Österreich-Haus aussprach, glich dagegen einer kleinen Bombe. Die jedoch unterging, weil sich die gesamte Aufmerksamkeit auf Rhombergs Nebenmann Max Kühner konzentrierte. Der 50-Jährige versuchte, sich von den Vorwürfen der Tierquälerei zu distanzieren. Nach einer Anzeige ermittelt die Münchner Staatsanwaltschaft gegen den gebürtigen Deutschen, dessen Gestüt sich in Starnberg befindet. Kurz vor Olympia hatte die Tierschutzorganisation hierzu einen Bericht veröffentlicht. „Das war definitiv zu viel Aufmerksamkeit für mich, aber für mich ist nun ganz wichtig, dass ich die negative Energie von draußen, die sicherlich von Leuten gestreut wird, die gegen unseren Reitsport prinzipiell sind, nicht an mein Pferd rankommen lasse“, sagte Kühner und schloss auf Nachfrage aus, dass von ihm ein Video auftauchen könne, das ihn bei Handlungen wie dem verbotenen „aktiven Barren“ zeigt. Dressur-Olympiasiegerin Charlotte Dujardin aus Großbritannien war wegen Videobildern, die sie bei heftigem Peitscheneinsatz zeigten, von den Spielen ausgeschlossen worden.
Kühner ist aktuell die Nummer drei der Springer-Weltrangliste und damit die Nummer eins im österreichischen Team, er hat mit seinem Pferd Elektric Blue die größten Chancen auf eine Medaille.

Die Hälfte steigt auf
Doch zurück zur Bombe, die Rhomberg gut gelaunt platzen ließ. Die Dornbirnerin hatte bisher in der Öffentlichkeit keinen Zweifel daran gelassen, dass sie mit ihrem Pferd Cuma, mit dem sie sich bei der Europameisterschaft für Olympia qualifiziert hatte, zu den Spielen reisen werde. Doch intern muss es in den vergangenen Wochen bereits Überlegungen gegeben haben, anstatt dessen mit ihrem jüngeren Wallach Colestus Cambridge anzutreten. Der Schimmel hatte im Frühjahr eine starke Entwicklung gezeigt. Rhomberg entschied sich schließlich dazu, beide Pferde nach Paris mitzunehmen. „Ich habe oft hin und her überlegt, welches Pferd ich jetzt nehmen soll. Colestus fühlt sich fitter an, er ist in Top-Form. Ich hab ein sehr gutes Gefühl“, sagte die 31-Jährige. Cuma muss inzwischen auf einen anderen Stall in der französischen Hauptstadt ausweichen.

Als Dritter des Springreitteams – die erste österreichischer Mannschaft bei Olympia seit 1996 – wird der Kärntner Gerfried Puck mit Naxcel V an den Start gehen. Ersatzmann Christoph Obernauer könnte jederzeit für einen des gesetzten Trios einspringen. „Ich fühle mich wie ein Eishockey-Torhüter“, sagte der Tiroler, der mit seiner Ersatzrolle überhaupt nicht hadert.

Heute steht ab 11 Uhr die Qualifikation des Teambewerbs vor Schloss Versailles auf dem Programm. Von den 20 Teams qualifizieren sich die besten Zehn für das Finale am Donnerstag. Rhomberg wird vor Ort unterstützt von ihren Eltern, die einen Platz auf der Tribüne einnehmen. Auch der Pferdebesitzer Gerhard Rauch wird vor Versailles dabeisein. Für Rhomberg kein Grund zur Nervosität, sie hat sich Großes vorgenommen: „Wir wollen natürlich eine Medaille gewinnen.“