Johannes Emerich

Kommentar

Johannes Emerich

Der olympische Geist

Sport / 11.08.2024 • 13:08 Uhr

Die Schlussfeier der Olympischen Spiele in Paris ist auch für mich Anlass, Bilanz zu ziehen über die vergangenen zweieinhalb Wochen. Diese wird – Sie sind es an dieser Stelle gewohnt – durchaus persönlich ausfallen. Für mich waren die Olympischen Spiele ein voller Erfolg, größere Probleme habe ich nicht wahrgenommen. Die Franzosen präsentierten sich als perfekte Gastgeber, große Begeisterung für die Veranstaltung im eigenen Land wurde schon in den ersten Tagen der Spiele entfacht und hielt bis zum Schlusstag an. Fast alle Vorstellungen der Veranstalter gingen auf. Einzig die Schwimmbewerbe in der Seine waren retrospektiv eine Fehlentscheidung. Das Prestigeprojekt, bei dem der Fluss in der französischen Hauptstadt als sauberes Gewässer präsentiert werden sollte, hinterließ im Nachhinein nicht nur sprichwörtlich einen bitteren Nachgeschmack. Alle Trainingseinheiten in der Seine mussten abgesagt werden, vor den Wettkämpfen passten die Grenzwerte dann überraschend doch. Aber sowohl gesundheitlich mit der Erkrankung einzelner Triathleten als auch sportlich aufgrund der starken Strömung blieben die Bewerbe umstritten. Wer sich den Fluss vom Ufer genauer angesehen hat, bekam eher den Eindruck einer Jauchegrube als dem eines Schwimmteichs. Doch genug zu den negativen Punkten.

Für mich haben es die Pariser geschafft, einer Sportgroßveranstaltung die Würde zurückzugeben. Nahe an den Menschen, mit beeindruckenden Kulissen im Hintergrund unterschieden sich die Olympischen Spiele 2024 von Retorten-Veranstaltungen wie der Fußball-WM 2022 in Katar oder den Winterspielen 2022 in Peking. Der größte Gewinner der Spiele bleibt zwar mit dem IOC ein etwas undurchsichtiger Verein mit Sitz in der Schweiz. Doch die Fans und Zuseher gehen dieses Mal zumindest nicht als Verlierer aus diesen Spielen. Paris hat den Veranstaltern aus Los Angeles somit einiges vorgelegt.

Mein persönliches Highlight – Sie werden es ahnen – hat mit der Goldmedaille von Lukas Mähr und Lara Vadlau im Segeln zu tun. Die beiden dienen als Vorbilder für den perfekten Olympioniken. Bereits in der Vorbereitung war alles auf die Spiele ausgerichtet, während der Wettkämpfe lieferten sie ihr Maximum und gewannen hochverdient. Doch mein Highlight war nicht die Leistung des Duos, sondern wie sie am Strand empfangen wurden. Das österreichische Segelteam präsentierte sich als große Familie, die zusammenhält. Die von ihrem eigenen Wettkampf enttäuschten Benjamin Bildstein und David Hussl freuten sich ebenso mit den neuen Olympiasiegern wie Valentin Bontus, der sich kurz vor dem wichtigsten Wettkampf seines Lebens die Zeit nahm, mit Vadlau/Mähr zu feiern. Das ist der olympische Geist, den wir uns wünschen.
Ich hoffe, ich konnte Sie in den vergangenen Wochen mit meinen Einblicken unterhalten und manchmal zum Schmunzeln bringen. Über Ihre Rückmeldungen habe ich mich sehr gefreut.