
“Er muss lernen, härter zu arbeiten”
Coach Jürgen Melzer nimmt seinen Schützling Joel Schwärzler in die Pflicht.
Wien Dominic Thiem gibt in Wien seinen Abschied, Sebastian Ofner spielt wegen einer Fersen-Operation erst wieder 2025. Österreichs Nummer 1 ist aktuell als 58. noch der einzige ÖTV-Spieler in den Top 200. Der Steirer wird im Bestfall bei den Australian Open im Jänner wieder auf die Tour zurückkehren, dies aber sicher nicht mehr als Top-100-Spieler. Es deutet sich klar eine Zeitenwende an. Jürgen Melzer, ÖTV-Sportdirektor und Schwärzler-Trainer in Personalunion, sieht die Situation abgeklärt. Dass in Österreich alle Augen auf seinen erst 18-jährigen Schützling Joel Schwärzler ruhen, weiß Melzer aber auch.
“Zur angesprochenen fehlenden Einstellung im Training? Das kläre ich mit ihm. Er muss lernen, härter zu arbeiten, klar.”
Jürgen Melzer
Trainer von Joel Schwärzler

Nach dem Überraschungs-Challengertitel in Skopje lief es für den Harder auf diesem Level nicht mehr. “Der Sprung zur Challenger-Ebene ist einfach etwas anderes. Sobald er einen Leerlauf hat, wird er bestraft. Das ist der Riesenunterschied zum Juniorentennis, wo er wahrscheinlich in 98 Prozent der Partien der bessere Spieler war und Juniors Leerläufe nicht ganz so ausnutzen.” Mangelnde Konstanz, das verlässliche Halten eines Levels, das fehlt Schwärzler aktuell.
Davis Cup-Einsatz möglich
Schwärzler hatte sich dank seiner Junioren-Rankingplatzierung (kletterte bis auf Platz eins) acht Wildcards für Challenger erspielt, zwei hat er noch übrig. “Das wird gar nicht so leicht, die zu verwenden, weil es gibt nur noch ein wirkliches auf Sand, das er nehmen kann”, verrät Melzer, der auch Davis-Cup-Kapitän ist und Schwärzler ebenfalls in die Steiermark mitnimmt. Bei guten Trainingsleistungen ist ein Antreten nicht ausgeschlossen. “Nach Bad Waltersdorf gibt es eine Trainingswoche, dann werden noch drei, vier Turniere heuer folgen.”

Den Schritt zurück Schwärzlers auf Future-Ebene, um sich dort Selbstvertrauen zu holen, sieht Melzer nicht zwingend. “Er sieht sich halt als Challenger-Spieler, da hast du auf den Futures um einiges mehr Druck, dass du dort auch gewinnst.” Auch Melzer sieht den Rohdiamanten auf diesem Niveau. “Er hat definitiv das Level, wenn er gut spielt. Es würde ihm aber auch nicht schaden, wenn er einmal ein Future gewinnt.”
Kein Kommentar zur Einstellung
Zur von Schwärzler selbst angesprochenen fehlenden Einstellung auch im Training wollte Melzer nicht viel sagen. “Das kläre ich mit ihm. Er muss lernen, härter zu arbeiten, klar.” Der Thiem-Rücktritt oder Ofners Verletzung beschäftige Schwärzler nicht. “Eher die Erwartungshaltung, die er an sich stellt und die natürlich auch von außen kommt. Wenn man eine Junioren-Nummer eins war, hofft man, dass das durchschießt. Das war mir als Trainer klar, dass das nicht passiert.”
In der täglichen Arbeit sieht Melzer den Schützling noch “weit weg, dass er jetzt vier Challenger hintereinander gewinnt. So realistisch muss man sein.” Dennoch blitze das große Potenzial immer wieder auf.
“Joel ist weit weg, dass er jetzt vier Challengers hintereinander gewinnt. So realistisch muss man sein”
Jürgen Melzer
Coach von Joel Schwärzler

Lob von Bresnik
Günther Bresniks Blick auf die Tennis-Zukunft nach Thiem? “Ein Thiem ist momentan nicht in Sicht.” Und Schwärzler? “Ich sage nicht, dass er dort nicht hin kann.” Doch Thiem habe ein Grand-Slam-Turnier gewonnen. “Noch beeindruckender war seine lange Zeit in den Top Ten und die Erfolge gegen die ganz Großen.” Bresnik glaubt, dass Schwärzler in den nächsten ein, zwei Jahren in die Top 100 kommen wird. “Wenn der Neumayer da auch noch in zwei Jahren dabei ist”, sehe es dann nicht so schlecht aus.

Auch mit Schwärzler trainiert Bresnik laut eigenen Aussagen sehr oft. “Immer, wenn Jürgen nicht da ist, trainiert er bei mir. Er ist ein total netter Kerl, bei dem wünscht man sich, dass er was gewinnt, weil der für den Sport einfach gut ist. Der hat einen Schmäh, der ist sympathisch, hat ein attraktives Spiel. Man kann ihm nur jede Unterstützung geben, die es gibt.”