Die Walser Version von Athletic Bilbao

Sport / 23.09.2024 • 14:42 Uhr

Die Spielgemeinschaft bestreitet ihre Spiele nur mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs und ist momentan kaum zu stoppen. 

Großwalsertal 18 Punkte aus sieben Spielen, vergangenes Wochenende im Topspiel den FC Bizau klar mit 4:0 geschlagen. Besser könnte es für die Spielgemeinschaft Großwalsertal im Moment nicht laufen. Der sportliche Höhenflug ist umso bemerkenswerter, gelingt er doch ausschließlich mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs. Heißt, dass nur Kicker aus Sankt Gerold, Blonds, Sonntag, Raggal und Thüringerberg zum Einsatz kommen. Eine ähnliche Strategie – im etwas größeren Stil – verfolgt seit Jahren der spanische Spitzenklub Athletic Bilbao. Bilbao setzte jahrelang nur auf Basken. Inzwischen reicht es wenn die Spieler im Baskenland ausgebildet wurden.

Andreas Jenny, SPG Großwalsertal, Raggal
Sportlicher Leiter Andreas Jenny. Rhomberg

Doch zurück ins Großwalsertal: Dass es in der Vorarlbergliga so gut läuft, damit hätte niemand gerechnet, auch nicht der Sportliche Leiter Andreas Jenny. „Wir spielen hier nur mit unseren Walser Jungs, schon der Aufstieg in die Landesliga vor ein paar Jahren war für unseren Verein eine Sensation. Und jetzt dachten die meisten, der Aufstieg in die Vorarlbergliga wird ein Supergau.“ Für Jenny ist es unerklärlich, dass in der Vorarlbergliga viel Geld für Spieler in die Hand genommen wird. Bei der Sportgemeinschaft gibt es keine Punkteprämie oder gar einen Lohn, ein wenig Geld fließt in die Mannschaftskasse. „Wir haben immer noch dieselben Jungs wie in den unteren Ligen. Obwohl wir wohl der einzige Verein in Vorarlberg sind, der noch nie abgestiegen ist, wäre auch ein Abstieg nicht das Ende der Welt. Wir bleiben der Linien, dass nur Spieler aus dem eigenen Nachwuchs spielen treu, egal wie es läuft.”  

Andreas Jenny, SPG Großwalsertal, Raggal
Der Sportplatz Falazera in Raggal. Rhomberg

Klar ist für ihn aber auch, dass dieses Konzept wohl nur hier funktioniert. „Wenn im Unterland der Nachbarverein zehn Euro mehr zahlt, ist der Spieler weg. Das spielt bei uns keine Rolle, dafür sind wir ein zu stolzes Volk.“ Das ist für Jenny auch das Erfolgsgeheimnis. Die Mannschaft sei sehr eingeschworen und das ganze Großwalsertal stehe hinter dem Verein. 300 bis 400 Fans kommen zu den Spielen. Letztendlich ist es aber die gute Nachwuchsarbeit, die den Erfolg ausmacht. „Und wir geben den Nachwuchsspielern genügend Zeit, sich in die Kampfmannschaft zu integrieren.“  

Andreas Jenny, SPG Großwalsertal, Raggal
Jordan Türtscher und Jonas Schwarzmann schafften über den Nachwuchs den Sprung in die Kampfmannschaft. Rhomberg

1975 wurde der Verein Café Wallis Raggal gegründet und war lange ein Hobbyfußballverein. Erst 1995 folgte der Eintritt in den Spielbetrieb des Vorarlberger Fußballverbandes. 2005 dann der Aufstieg in die 2. Landesklasse, erst 2017 konnte der Aufstieg in die 1. Landesklasse gefeiert werden. Von 2021 bis 2023 gelang der Durchmarsch in die Vorarlbergliga. Mit von der Partie war damals auch schon Kapitän Patrick Müller, der nicht mehr genau weiß, wann er mit dem Fußball im Verein begonnen hat. Aber eines weiß er ganz genau: ein Wechsel zu einem anderen Verein war in all´ den Jahren nie eine Option.  

Andreas Jenny, SPG Großwalsertal, Raggal
Patrick Müller ist der Kapitän der Spielgemeinschaft. Rhomberg

Neu beim Verein ist hingegen Trainer Siaband Botoev, der sich bei seinem neuen Klub sehr wohl fühlt. Dafür fährt er auch gerne von Lauterach bis nach Raggal – hin- und retour 100 Kilometer – um mit seiner Mannschaft zu trainieren. Aber auch er zeigt sich bescheiden. „ Der Grund für den Erfolg in der bisherigen Saison bin sicher nicht ich. Die Jungs machen alles perfekt, der ganze Verein ist top geführt und es wurde richtig gute Nachwuchsarbeit geleistet.“

Andreas Jenny, SPG Großwalsertal, Raggal
Siaband Botoev ist seit diesem Sommer Trainer bei der SPG Großwalsertal. Rhomberg
Andreas Jenny, SPG Großwalsertal, Raggal
Das Vereinsheim in Raggal. Rhomberg