Nina Ortlieb will mehr: „Das ist nicht mein Anspruch“

Die 28-Jährige hat sich wieder einmal zurückgekämpft. Das Comeback allein reicht ihr aber nicht. Ihr Ziel: Um die WM-Medaille in Saalbach mitkämpfen.
Lech am Arlberg „Auf jeden Fall herausfordernd“, antwortet Nina Ortlieb auf die Frage nach ihrem Jahr 2024. „Es war sicher eines der schwierigsten Jahre, die ich erlebt habe.“ Geprägt war das schwierige Jahr vor allem von einem: der schweren Verletzung beim Einfahren in St. Moritz im Dezember 2023. Schien- und Wadenbeinbruch, die ohnehin schon lange Krankenakte wurde noch länger. Die Vizeweltmeisterin konnte mal wieder nicht das machen, was sie am besten kann: Skifahren.

„Man kann Parallelen aus vergangenen Verletzungen und Rehas ziehen – und das ist, glaube ich, ganz entscheidend“, sagt sie rückblickend. Man lerne, dass es nie perfekt laufe, es immer Aufs und Abs auf dem Weg zurück gebe. Die Erfahrung der Vergangenheit, es stets zurückgeschafft zu haben, habe geholfen. „Das hat mir immer viel Motivation gegeben – weil vergangene Verletzungen wahrscheinlich noch schwieriger gewesen sind“, meint die 28-Jährige.
Sie muss es wissen: Ihr Kreuzband war schon zweimal gerissen, der Oberarm und das Schambein sowie das Becken gebrochen. Das Sprunggelenk zweimal verletzt, der Mittelhandknochen dreimal, dazu gesellen sich eine Schulterluxation, eine Rippenfraktur und mehrere Nasenbrüche. Jede Verletzung sei anders, sagt sie, die unfreiwillig Expertin auf diesem Gebiet ist. Ortlieb sagt auch: „Durch die Knochenfrakturen kriegt man viel mehr Feedback vom Körper als bei anderen Verletzungen.“ Das Bein habe Belastung gebraucht, um zu heilen. Das sei mit Schmerzen verbunden, bis zu einem gewissen Grad müsse man diese tolerieren. Ein schmaler Grat sei das. „Ich denke, ich habe verstanden, meinen Körper besser zu verstehen, Signale ernster zu nehmen als früher“, so Ortlieb.
Eine spezielle Rückkehr
Hat man nach all den Bänderrissen und Knochenbrüchen überhaupt noch Lust, sich die Pisten hinunterzustürzen? Ortlieb schon. Die Option, aufzuhören, habe es für sie nie gegeben. Dass sie zurückkehren wolle, sei spätestens klar gewesen, als der Arzt ihr die Möglichkeit aufgezeigt habe. Ortlieb hat viele Verletzungen hinter sich, andere hätten aber weitaus schlimmere Schicksale, sagt sie; noch schwerere Verletzungen, die ein Comeback verunmöglichten. „Wenn ich diese Chance habe, will ich sie auch nutzen“, so Ortlieb. Sie fügt hinzu: „Ich glaube, dass ich noch viel mehr in diesem Sport erreichen kann.“
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Die ersten Rennen dieser Saison sind bestritten. In der Abfahrt von Beaver Creek wurde sie 22., im Super-G schied sie aus. „In Beaver Creek war die Strecke gerade im oberen Teil sehr herausfordernd. Da hat noch die letzte Risikobereitschaft gefehlt.“ Nach einem Jahr ohne Rennen braucht das seine Zeit. Vor Weihnachten fuhr sie im Super-G von St. Moritz noch auf Rang 33. Ausgerechnet St. Moritz, wo sie stürzte und das schwierige Jahr seinen Anfang nahm. Das gehöre zum Job, dem müsse man sich stellen, wiegelt sie ab.
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Dass die Rückkehr speziell gewesen sei, bestreitet sie aber nicht. „Es war absolut emotional, wenn du wieder in ein Hotel kommst, aus dem du eigentlich nie abgereist bist. Du bist hingefahren, hast aber nie deine Tasche gepackt, bist nie zurückgekommen.“
“Es fehlt nicht viel”
Mittlerweile fühlt sich Ortlieb auf Schnee schon wieder richtig wohl. Neben richtig guten Trainingstagen gebe es aber auch noch solche, wo das letzte Selbstvertrauen fehle. Das soll in den kommenden Wochen zurückkommen. Denn nur dabei sein, das ist Ortlieb zu wenig. „Ich glaube, wenn man so leistungsorientiert ist, dann braucht es noch den gewissen Erfolg.“ Sie wisse, wie schwer der Weg gewesen sei, sie schätze das auch. Aber ihr Anspruch sei höher. „Wenn ich sagen würde, mehr geht nicht mehr, dann müsste ich mir überlegen, was ich da noch mache.“ Noch sei sie nicht in der Form, in der sie gerne wäre. Aber: „Es fehlt nicht viel.“
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“Wenn ich sagen würde, mehr geht nicht mehr, dann müsste ich mir überlegen, was ich da noch mache.”
Nina Ortlieb, ist weiter ambitioniert
Im Jänner stehen gleich drei Rennwochenenden in Serie an. Los geht es in St. Anton. „Vor allem die Abfahrt finde ich sehr schön. Ich würde mir wünschen, dass sie jedes Jahr im Kalender wäre“, sagt die Lecherin und spricht von einem „Heimrennen“, wenngleich der Heimvorteil heuer eher geringer ausfallen dürfte. Nach Neujahr geht es zum Training auf die WM-Strecke nach Saalbach, die Zeit für Trainings in St. Anton fehlt dadurch. Die Vorfreude wird davon aber nicht gebremst.

2025 soll wieder besser werden. Die Ambitionen sind klar. „Mein Ziel ist es, bei der Heim-WM dabei zu sein und dort um eine Medaille kämpfen zu können.“