Wunderwerk der Architektur wird 50

Der Ceasars Superdome in New Orleans als Schauplatz von Super Bowl 59.
New Orleans Wenn ich morgens die Apartment-Türe in New Orleans aufmache, dann eröffnet sich mir vom Mini-Balkon gleich der Blick auf den Ceasars Superdome, der vor der Ära der Namenssponsorings ursprünglich über 35 Jahre nur als „Louisiana Superdome“ bekannt war. Der Bundesstaat im Namen als Zeichen für die Größe des Anspruchs, aber auch den Stolz, den die Einheimischen auf die Austragungsstätte von Super Bowl 59 haben.
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„Es ist unser architektonisches Weltwunder und immer noch eines der besten Stadien der National Football League (NFL). Ich war bisher in 28 Spielstätten, aber keine ist so geräumig und bietet so viel Platz wie der Superdome“, meinte Uber-Fahrer Hank bereits am vergangenen Sonntag als er mich entlang des Superdomes zu meinem temporären New Orleans-Domizil chauffierte.

In einem Land der Gigantomanie und nicht erst seit Trump auch der Großmannssucht ist es verblüffend, wie kurz die Halbwertszeiten von Stadien im Allgemeinen und in der NFL im Speziellen sind. Vor allem, wenn man auch regelmäßig das mit hoher Umwegrentabilität verbundene Endspiel austragen möchte. Bestes Beispiel: der Georgia Dome in Atlanta. 1992 mitten im Herzen Atlantas eröffnet, nach nur 25 Jahren als Heimat des NFL-Teams Atlanta Falcons bereits wieder dem Erdboden gleich gemacht. Eine lächerlich kurze Betriebszeit, die aber auch viel über die NFL und die USA erzählt. Nur neue und hochmoderne Entertainment-Komplexe erfüllen – so zumindest die Erzählung, die immer wieder bemüht wird – den Fan-Bedarf an Komfort und Convenience. Natürlich war die neue, 2016 eröffnete und 1,7 Milliarden Dollar teure Spielstätte der Atlanta Falcons (Mercedes-Benz Stadium) bereits 2019 Super-Bowl-Stadion und wird dies auch 2028 erneut sein.

Allein deswegen verblüfft es, dass der Superdome als mittlerweile fünftältestes, durchgehend genutztes NFL-Stadion immer noch in großen Teilen seiner Ursprungsform besteht und auch weiterhin mit Austragungen von Super Bowls bedacht wird. Am kommenden Sonntag wird bereits das achte Endspiel unter der zweitgrößten Kuppel des nordamerikanischen Kontinents ausgetragen.
Natürlich kann die Geschichte des aus abertausenden Tonnen Stahl und Beton bestehenden Superdomes nicht ohne eine der schlimmsten Naturkatastrophen des aktuellen Jahrtausends erzählt werden. Als im August 2005 Hurrikan Katrina entlang der Küste des Golfs von Mexicos wütete, wurde das Stadion, das normalerweise bis zu 76.000 Fans Platz bietet, kurzfristig zur Notunterkunft für tausende Menschen, die sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten. Der Sturm hinterließ enorme Schäden an der Fassade und dem Gebäude, wie durch ein (architektonisches) Wunder hielt aber der Kern des Gebäudes. Es bedurfte damals fast 200 Millionen Dollar, um den Superdome wieder fit für NFL-Spiele zu machen. Der Spielbetrieb musste fast 13 Monate ruhen, um die umfangreichen Renovierungsarbeiten zu ermöglichen.

Die Geschichte des „UFOs“, wie es von so manchem Bewohner hier in New Orleans genannt wird, ist aber auch durch die letzte Endspiel-Austragung 2013 um eine Episode reicher geworden. Auf der größten TV-Bühne der USA – alle zehn meistgesehenen TV-Sendungen in der US-Fernseh-Geschichte sind Super-Bowl-Übertragungen – versagte die Energieversorgung, weswegen es zu einem fast dreiviertelstündigen Stromausfall kam. Die Baltimore Ravens und San Francisco 49ers tappten damals sprichwörtlich im Dunkeln.
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Damit dieses Mal auch wirklich nichts schiefgeht, wurde vor wenigen Jahren noch einmal fast eine halbe Milliarde Dollar investiert, um den Superdome „Super Bowl ready“ zu halten. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Summe wurde in die Stromversorgung und die Fassade investiert. Auch bei architektonischen Wundern gibt es bekanntlich Schwachstellen.

Lesen sie morgen: New Orleans 20 Jahre nach Hurrikan Katrina.
Martin Pfanner ist selbstständiger Journalist, TV-Kommentator und Sendungsproduzent. Er arbeitet unter anderem für Puls 24 und das Streaming-Portal DAZN. American Football und Eishockey sind seine großen Passionen.