„Corona hat uns zusammengeschweißt“

Christoph Längle über den Corona-Lockdown, der sich zum fünften Mal jährt und die aktuelle Situation.
Altach Das Schnabelholz Ende Februar 2025? Rund um den Rohbau des Business-Gebäudes, das schon im August die neuen VIP-Räumlichkeiten beherbergen wird, herrscht reges Treiben. Wie auch im Bürogebäude, wo Finanzchef Christoph Begle an der Fertigstellung der Lizenzunterlagen arbeitet und das Team um Geschäftsführer Christoph Längle schon die Planungen über die Saison hinaus vorantreibt. Und das stets mit der aktuell sportlichen Unsicherheit – Klassenerhalt? – im Nacken. Das Schnabelholz Anfang März 2020? Alles steht still. Corona hat die Welt, hat den Fußball in ein Schockstarre versetzt. Fünf Jahre danach erinnert sich Längle eine schwierige Zeit, in der aber auch der große Zusammenhalt im Verein noch mehr gewachsen ist, an die Auswirkungen und die Schlüsse daraus.

Viele Fans erinnern sich noch den so emotionalen 3:2-Heimsieg gegen den damaligen Tabellenführer Salzburg. Eine Woche später nach dem 0:2 bei der Admira kam der Lockdown. Was ist Ihnen in Erinnerung geblieben?
Die mediale Berichterstattung zum Thema Corona hat schon vor dem Spiel gegen Salzburg zugenommen. Persönlich habe ich damit gerechnet, dass nach dem Spiel bei der Admira Schluss sein wird.
Zurückblickend war die Situation skurril, zumal Jan Zwischenbrugger, der gegen Salzburg den Siegtreffer erzielte, vor dem Spiel bei der Admira in Quarantäne musste?
Ich erinnere mich gut, als Jan uns darüber informierte, dass er sich nach dem Salzburg-Spiel mit dem damals ersten gemeldeten Corona-infizierten Vorarlberger im Cafe getroffen hatte. Wir haben sofort die zuständige Stelle im Land informiert und sind in Absprache mit Jan auch gleich an die Öffentlichkeit gegangen. Daraufhin musste sich Zwischenbrugger, weil als Kontaktperson 1 beschrieben, in Quarantäne begeben. Wir haben ihm noch einen Hometrainer in die Wohnung bringen lassen. Das hatte zur Folge, dass wir als Mannschaft dann vor dem Admira-Spiel am Flughafen in Wien nur mit Problemen das Gate – es hieß: da kommt die kontaminierte Mannschaft – verlassen konnten und wir auch im Hotel viele Fragen zu beantworten hatten. Es wusste damals einfach niemand, wie mit Corona umzugehen ist. Eine Woche später kam es zum Lockdown und wir haben die Spieler nach Hause geschickt.
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Was bedeutete das für den Club?
Natürlich eine große Unsicherheit. Wir fragten uns: Wie geht es weiter? Können wir den Apparat weiter finanzieren, wenn der Spielbetrieb eingestellt wird, wir keine Zuschauereinnahmen haben und das TV-Geld nicht kommt? Und wie werden die Sponsoren reagieren, wenn Leistungen nicht erbracht werden können?
Viele offene Fragen also. Was hat in dieser Situation für Sicherheit gesorgt?
Zum einen hat die Liga sehr schnell und gut reagiert. Dank Videokonferenzen gab es rasch einen ersten Austausch. Zudem hat sich die Orientierung in Richtung DFL (Anm. d. Red.: Deutsche Fußball Liga) hat sich als richtig herausgestellt. Deren damalige Geschäftsführer Christian Seifert ist stets dafür eingetreten, dass Fußballspiele, unter strikter Einhaltung eines entsprechenden Hygieneschutzprogramms, möglich sind. Im Juni 2020 ist der Spielbetrieb dann ja wieder aufgenommen worden. Ohne Zuschauer zwar, aber die Saison wurde zu Ende gespielt.

Die leeren Stadien sind noch allen in Erinnerung. Wie aber waren die finanziellen Auswirkungen durch den Lockdown?
Die Politik hat den Fußball nicht vergessen, dazu zählt auch die Kurzarbeitlösung. Dieser hatten bei uns, inklusive mir, bis auf einen Spieler – es beruhte auf einem Missverständnis und ist schon lange ausgeräumt – alle zugestimmt. Aber auch die Ausfallszahlungen aufgrund fehlender Zuschauer möchte ich in diesem Zusammenhang positiv erwähnen. Für uns als Verein war zudem wichtig, liquide zu sein, keine Schulden zu haben. Und mit Peter Pfanner und Werner Gunz hatten wir schon damals zwei erfahrene Unternehmer an der Spitze. Ihre Erfahrung, mit extremen Situationen umzugehen, hat uns geholfen. Seitens der Liga gab es bei der Wiederaufnahme der Spiele (Anm. d. Red.: zehn innerhalb eines Monats) spürten wir große finanzielle Solidarität für Altach, da wir alle Auswärtsspiele mit Charterflügen bestreiten mussten. Es war alle drei, vier Tage ein Spiel angesetzt, was für Altach einen extremen Reiseaufwand darstellte.
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Wie haben Sie damals die Situation innerhalb des Clubs wahrgenommen?
Es war ein extremer Zusammenhalt spürbar. Zudem haben wir als Verein nie unsere Ziele aus den Augen verloren. Das gilt für den inzwischen realisierten Nachwuchs-Campus ebenso wie das nun im Entstehen befindliche Businessgebäude.
Reden wir über das Sportliche. In der Corona-Saison spielte Altach sogar um einen Europacupplatz. Seither aber regiert die Abstiegsangst im Schnabelholz. Was ist da in der Coronazeit passiert?
Wir sind selbstkritisch genug und wissen sehr wohl, dass wir Fehler gemacht haben. Das hat jedoch nichts mit Corona zu tun, sondern das müssen wir uns selbst ankreiden. Ich denke, dass Altach durchaus bessere Voraussetzungen hat, als andere Clubs in Österreich. Dass wir in den Jahren nach Corona auch in personeller Hinsicht Fehler gemacht haben, lässt sich aus der Statistik herauslesen. Ebenso hat es sich gezeigt, dass der Club immer dann zusammengestanden ist, wenn es ans Eingemachte ging. Sich daran zu gewöhnen, fällt dennoch schwer. Ich erinnere mich diesbezüglich gerne an einen Spruch unseres ehemaligen Trainers Klaus Schmidt, der den Stress in einer Qualifikationsrunde bestens beschreibt. „Es ist, als ob du ständig die Finger in einer Steckdose hast und du sehnsüchtig darauf wartest, dass endlich einer den Strom ausschaltet.“ Klar, wir haben inzwischen eine gewisse Erfahrung im Abstiegskampf, aber selbst das ist keine Garantie für den Klassenerhalt. Eine solche kann niemand nicht abgeben. Es sorgt jedoch für eine gewisse Sicherheit, es sportlich schon gemeistert zu haben. Ganz wichtig ist für mich aber, die angespannte Situation niemals zu unterschätzen.
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Wie wichtig wäre da gerade jetzt Kontinuität, etwa die sportliche Führungsebene betreffend?
Kontinuität in einem Club ist immer wichtig und natürlich hätten wir schon jetzt alle Sachen rund um die sportliche Zukunft geregelt. Allein uns fehlt im Moment die Planungssicherheit. Das heißt jedoch nicht, dass wir auf Führungsebene nicht im ständigen Austausch miteinander sind. Schließlich sind wir ja für die sportliche Situation verantwortlich und stellen uns dieser Aufgabe. Das gilt auch für mich, was sich auch darin zeigt, dass mein Arbeitsvertrag monatlich kündbar ist. Das ist für das Fußballgeschäft vielleicht untypisch und mit einem persönlichen Risiko verbunden. Was die Vertragsverhältnisse der Spieler betrifft, so sind wir sicher besser aufgestellt als der Vergangenheit, weil über 20 Spieler gültige Verträge haben. Da haben wir die Lehren aus Fehlern der Vergangenheit gezogen. Ich erinnere nur an Jahre, als mit Saisonende viel mehr Verträge ausgelaufen sind. Das zeugt doch von einer Stabilität. Und ganz ehrlich, ich sehe aktuell rund um die Mannschaft viele positive Entwicklungen.