Die Tausendfüßler sind los

11.07.2025 • 18:30 Uhr
Die Tausendfüßler sind los
Johanna Heinzle ist derzeit mit dem Sammeln von Tausendfüßlern beschäftigt. VN/Paulitsch

Vor allem im Rheintal und in Feldkirch treten die Exoten derzeit wieder in Massen auf.

Götzis Johanna Heinzle schaudert es noch immer. In den vergangenen Tagen bekam sie massenhaft unerwünschten Besuch. Als sie an einem Abend gegen 23 Uhr ins Schlafzimmer ging, sah sie sich einer Invasion von Tausendfüßlern gegenüber. Die Krabbler hatten sich aber nicht nur dort versammelt. „An der Fassade, vor der Haustüre, im Bad, auf der Terrasse, im Stiegenhaus: Zu Hunderten tauchten überall die Tausendfüßler auf. Ich bin fast in Panik geraten“, erzählt die Frau aus Götzis. Sie ist zum ersten Mal damit konfrontiert. Allein im Bad hat Johanna Heinzle unlängst innert kürzester Zeit an die 30 Tausendfüßler abgesammelt. Einen Trost hat Elisabeth Ritter von der Fachberatung der inatura in Dornbirn für alle derzeit Tausendfüßler-Geplagten: „Der Spuk erledigt sich nach einigen Tagen.“

Die Tausendfüßler sind los
Johanna Heinzle hat alle Hände voll zu tun, um die Tausendfüssler aus dem Bad zu räumen.

Mit Pflanzen eingeschleppt

Der bevorzugte Lebensraum der Krabbler ist zwar das Erdreich, bei Regen oder Hagel treibt es sie jedoch ans Licht. Hausbewohner und Hobbygärtner können aktuell wieder ein schauriges Lied davon singen. Seit gut zwei Wochen ist Elisabeth Ritter täglich mit Anfragen konfrontiert, wie dem Getier beizukommen ist. „Manche Anrufer sind richtiggehend verzweifelt“, sagt Ritter. Meldungen kamen bisher aus Dornbirn, Lustenau, Hohenems, Götzis, Altach, Mäder, Meiningen und speziell aus Feldkirch. Dort gab es bereits 2016 erstmalig Tausendfüßler-Alarm.

Die Tausendfüßler sind los
Zwei bis drei Zentimeter lang werden die kleinen Krabbler.

Der Gewächshaustausendfüßler (Oxidus gracilis) stammt ursprünglich von den Ostindischen Inseln. Mit Pflanzenmaterial wurde er schon vor Jahrzehnten eingeschleppt. In Europa beschränkte sich sein Vorkommen lange auf Botanische Gärten, Großgärtnereien und Kompostieranlagen. Die ersten Freilandfunde tauchten 2016 in Vorarlberg auf. „Die waren damals sogar für Europa neu“, erinnert sich Ritter. Das hat sich allerdings gründlich gewandelt. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren sei ein vermehrtes Auftreten festzustellen. Zu buchstäblich Tausenden suchen sie Fassaden, Terrassen, Gärten und Hochbeete heim. „Das ist gerade nach lang andauernden Regenperioden oder Hagelunwettern der Fall“ erklärt Ritter. Sie erzählt von Anrufern, die abends nicht mehr auf der Terrasse sitzen können, weil Tausendfüßler zuhauf die Wände hochkrabbeln und dann von der Decke fallen.

„Manche Anrufer sind richtiggehend verzweifelt ob der Massen an Tausendfüßlern.“

Elisabeth Ritter
Fachberatung inatura

Keine natürlichen Feinde

Tausendfüßler sind während der Abendstunden sowie bei feuchter Witterung aktiv, haben keine natürlichen Feinde und gelten auch nicht als Schädlinge. Sie zerstören weder Materialien noch werden sie dem Menschen gefährlich. Auf ihrem Speiseplan stehen Pflanzenabfälle. Es kann jedoch vorkommen, dass sie frisches Grünzeug anknabbern, um ihren Wasserbedarf zu decken. Nach wie vor ungeklärt ist, warum es die Tiere ins Innere von Objekten zieht, denn: „Dort vertrocknen sie in kürzester Zeit.“ Ebenfalls nicht ganz einfach gestaltet sich der Kampf gegen die lästigen Krabbler. „Wichtig ist, die Brutstätte ausfindig zu machen“, betont Elisabeth Ritter. Häufig werde der Vielfüßler nämlich mit Gartenerde oder neuen Pflanzen eingeschleppt. Deshalb empfiehlt sie eine regelmäßige Kontrolle der Erde: „Wehret den Anfängen!“, ergänzt die Expertin. Es gibt noch andere Möglichkeiten, den Tierchen einigermaßen Herr zu werden (siehe Factbox). Im Endeffekt, und das mag vielleicht grob klingen, ist absammeln und vernichten aber die einzige Lösung gegen die Plage.

Abwehrmaßnahmen

  • Tausendfüßler haben Schwierigkeiten, eine glatte Oberfläche zu bewältigen. Ein Kunststoffabsperrband rund um die Hausfassade kann das Aufsteigen verhindern.
  • Fenster mit Insektengittern versehen. Ritzen und Löcher abdichten.
  • Ein Doppelklebeband um die Hausfassade schafft eine Barriere, an der die Tausendfüßler kleben bleiben. Das Band muss aber regelmäßig gewechselt werden.
  • Silikatstaub (Kieselgur, Diatomeenerde) auf festem Boden und Steinplatten aufbringen. Durch den Kontakt wird der Chitinpanzer der Tiere angeritzt und sie trocknen aus. Im Hoch- oder Gartenbeet macht Silikatstaub hingegen keinen Sinn, da der Nutzen auf feuchter Erde verpufft.