Mit Nylonseil und Ehrgeiz

02.09.2025 • 12:18 Uhr
Claudia Galehr
Die Liebe zu den Bergen und zum Reisen hat sich Claudia Galehr bewahrt. Dietmar Galehr

Claudia Galehr klettert noch immer gerne und spielt auch im Fritsche-Film „Vorarlberg Vertikal“ eine Rolle.

Bludenz Wolfurt Die Berge und das Reisen: Beides hat Claudia Galehr (65) nie losgelassen. Rund 35 Jahre bestritten sie und Ehemann Dietmar (71) damit den Lebensunterhalt. In Diavorträgen ließen die Weltenbummler auch andere an ihren Erlebnissen teilhaben. Inzwischen geht es das Paar etwas ruhiger an, klettert und reist nur noch für sich selbst. Eine Ausnahme macht Claudia allerdings. Sie ist eine der Protagonisten in dem von Stefan Fritsche produziertem Bergfilm „Vorarlberg Vertikal“, der am Donnerstag, 4. September, ab 20.15 Uhr am Kids Buin, dem Kletterturm des Vorarlberger Kinderdorfs in Wolfurt, aufgeführt wird.  Darin dokumentiert er an einigen Beispielen die Entwicklung des Kletterns im Land. Den Bogen zwischen Gestern und Heute spannt Claudia Galehr. Neben Tobias Bitschnau und Leonie Venier erzählt die Bludenzerin, wie sie in den heimatlichen Gebirgen ihre ersten Schritte gemacht und das Klettern sie geprägt hat.

Claudia Galehr
Im Verdon in Frankreich führte Claudia Galehr im Vorstieg durch eine Felswand im Schwierigkeitsgrad acht.

Standpauke vom Bergführer

Die Liebe zu den Bergen packte Claudia schon früh. Der unverstellte Blick, der sich dem Mädchen auf die Gipfel des Rätikons bot, weckte das Verlangen, sie irgendwann einmal zu bezwingen. Die Eltern trugen ihres dazu bei, die Leidenschaft der Tochter zu schüren. „Wir waren sehr viel zusammen unterwegs“, erzählt Claudia Galehr. Ein schwerer Unfall des Vaters beendete jedoch die gemeinsamen Touren. Claudia, damals 13, zogen die Berge trotzdem magisch an, und die Eltern ließen ihr diese Freiheit. Eines Tages schnappte sich der Teenager das alte Nylonseil des Vaters und machte sich auf, den Rätikon zu erobern. „Ich musste den Älplern, die ich dort oben traf, versprechen, nicht allein auf die Zimba zu gehen“, erinnert sich die ausgebildete Krankenschwester. Das passte ihr allerdings gar nicht. Unzufrieden stieg sie ab und traf dabei auf einen Gast aus Hamburg, „Eberhard“, flicht sie ein, der sich bereiterklärte, sie mit hinaufzunehmen. Das Problem offenbarte sich am Gipfel: „Wir wussten beide nicht, wie Abseilen geht.“ Zum Glück war ein Bergführer vor Ort. Nach der Standpauke, die Claudia kassierte, wies er sie in die Geschicke des Abseilens ein. „Der Eberhard hat mir später noch ein paar Expressschlingen geschenkt.“ Claudia ergänzt die Schilderung mit einem munteren Lachen.

Claudia Galehr
In der winterlichen Eiger Nordwand schrieb Claudia Galehr alpine Geschichte.

Winter in der Eiger Nordwand

Der weitere Weg führte sie in die Alpenvereinsjugend, wo sie ihren Mann kennenlernte. Claudia Galehr zeigte Ehrgeiz: „Ich wollte akzeptiert und ernstgenommen werden.“ Sie schleppte schwere Rucksäcke, kletterte bald im Vorstieg. Jede freie Minute verbrachte die junge Frau in den Bergen und machte mit spektakulären Begehungen auf sich aufmerksam. Unter anderem bezwang Claudia 1979 als erste Frau die Eiger Nordwand im Winter. Daneben absolvierte sie eine Ausbildung zur Krankenschwester. Doch sie und Dietmar wollten mehr. Mehr klettern, mehr reisen. Dafür legten sie jahrelang Geld auf die Seite. 1989 machten sie ernst, kündigten Job und Wohnung, und ab ging es nach Amerika und von dort weiter. „Das war unser Leben“, sagt Claudia. Sie sahen viele Länder, bestiegen zahlreiche Berge, auch Sechstausender. Sie gingen allein, wollten keine bezahlten Touren. „Bergsteigen ist ein freier Sport“, merkt Claudia bestimmt an. Sie reisten auch durch damals politisch unruhige Staaten in Südamerika, mussten bei einem Überfall in Mexiko schmerzhaft erfahren, dass die Menschen nicht nur gut sind. Bis dahin hatte zumindest Claudia fest daran geglaubt.

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Claudia Galehr mit Eberhard aus Hamburg 1973 auf der Zimba. Sie hielten lange Kontakt.

Die Geburt von Tochter Nicole veränderte einiges. „Man denkt, schon alles gesehen zu haben, aber mit einem Kind entdeckt man alles wieder neu“, stellte Claudia Galehr fest. Sie freut sich, dass Nicole die Liebe zur Natur und zum Reisen in die Wiege gelegt bekam. Auch die Mutter hegt und pflegt diese Liebe unverbrüchlich: „Ich fühle mich damit reich beschenkt.“

Claudia Galehr
“Gurrsula” hieß die Taube, die Nicole Galehr verletzt fand und die von Claudia liebevoll aufgepäppelt wurde. Bis zum Tod von “Gurrsula” waren die beiden unzertrennlich.

Zur Person

Claudia Galehr

Alter: 65

Beruf: Pensionistin

Wohnort: Bludenz

Familienstand: verheiratet, 1 Tochter (30)

Karten und Infos für den Filmabend: Karin Kaufmann, k.kaufmann@voki.at, Tel. 650/8315006, www.vorarlberger-kinderdorf.at

Claudia Galehr
Claudia Galehr beim Klettern in Italien. Sie beherrscht Seil und Fels immer noch.