Carla: ein Überlebenskampf zwischen Trauma, Sucht und Krankheit

Carla (Name geändert) durchlebte nach einer Vergewaltigung in ihrer Jugend schwere Zeiten. Sie verfiel dem Alkohol und landete auf der Straße. Heute ist die 40-Jährige in Invalidenrente.
Dornbirn. Ihr Start ins Leben war gut. Carla (Name geändert) hatte das Glück, liebevolle Eltern zu haben. “Ich hatte eine behütete Kindheit.” Die Dornbirnerin war eine Spätzünderin. “Mit 15 habe ich noch mit Barbie-Puppen gespielt.”
Als sie 17 Jahre alt war, passierte dann etwas, das ihr Leben komplett aus den Fugen brachte. Nach einem Discobesuch griff sie auf dem Heimweg ein fremder Mann an und zerrte sie in ein Gebüsch. “Er drückte mir ein Messer an den Hals und vergewaltigte mich. Von da weg ging es mit mir abwärts.”
Mit den Kindern überfordert
Carla leidet seither an Depressionen, Panikattacken und Angstzuständen. Menschenansammlungen erträgt sie nicht. “Unter vielen Menschen bekomme ich solche Angst, dass mir die Luft wegbleibt. Manchmal wird mir so schlecht, dass ich erbrechen muss.” Die heute 40-jährige Frau vertraut den Menschen nicht mehr. “Ich verkrieche mich, oft gehe ich gar nicht mehr nach draußen, weil mir Menschen Angst machen.”
Carla überlebte zwei Suizidversuche. An der Schwelle zum Jenseits erschien ihr ihre verstorbene Oma. “Sie nahm mich an der Hand und sagte: ‚Für dich ist es noch nicht so weit.‘” Das Leben hatte noch Pläne für Carla. Zwei Männer traten in ihr Leben, mit denen sie einen Sohn und eine Tochter bekam. Aber das Muttersein überforderte sie heillos.
“Um zu funktionieren, trank ich täglich eine Kiste Bier leer.”
Carla, Frührentnerin
Mit 28 verfiel sie dem Alkohol. “Um zu funktionieren, trank ich am Tag eine Kiste Bier leer.” In ihrer Verzweiflung wandte sie sich an ihre Eltern mit der Bitte, die Obsorge für ihre Kinder zu übernehmen. Ihre Eltern sahen die Not ihrer Tochter und nahmen die Kinder zu sich.
2017 landete Carla auf der Straße. “In diesem Moment war mir alles egal.” Zwei Jahre lebte sie auf der Straße. Ein Zelt an der Ach war ihr Zuhause. “Es war ein schweres Leben, vor allem die Winter waren grausam.” Zu der Zeit nahm sie die verschiedensten Drogen.
Seit fünfeinhalb Jahren trocken
Ein Mann, den sie an einer Tankstelle kennenlernte, holte sie von der Straße. “Mit ihm habe ich viel getrunken. Aber von den anderen Drogen kam ich weg. Es gelang mir, einen kalten Entzug zu machen.” Die Beziehung zerbrach nach sieben Jahren.
Heute wohnt Carla allein in einer kleinen Wohnung in Dornbirn. Nach mehreren Alkoholentzügen ist sie seit fünfeinhalb Jahren trocken. Die Süchte liegen hinter ihr. Aber gut geht es ihr trotzdem nicht. Denn nach der dritten Corona-Impfung im Dezember 2021 erkrankte sie schwer. “Ich bekam von heute auf morgen Gürtelrose, Schuppenflechte und Neurodermitis.” Zudem fielen ihr nach und nach die Haare und mehrere Zähne aus. “Ich litt auch an einer Gesichtslähmung.”
Job aufgegeben aus Krankheitsgründen
Carla konnte nicht mehr arbeiten, so krank war sie. Sie musste ihren Job in einem Supermarkt aufgeben. “Seit drei Jahren beziehe ich Invalidenrente. Mir wurde eine 90-prozentige Behinderung bescheinigt.” Im vergangenen Sommer war sie in so schlechter Verfassung, dass man sie auf der Palliativstation im Krankenhaus Hohenems vier Wochen lang aufpäppeln musste. “Ich wog nur noch 46 Kilo.” Die kranke Frau gibt aber nicht auf, “egal, wie schwer es ist”. Denn ihre Kinder geben ihr einen guten Grund zu leben. Mit ihnen pflegt sie regelmäßigen Kontakt.