Die zeitlose Rebellin im Empire-Kleid

250 Jahre Jane Austen, die Schöpferin von „Stolz und Vorurteil“ und „Verstand und Gefühl“.
Schwarzach Am 16. Dezember 1775 wurde in der ländlichen Abgeschiedenheit von Hampshire, England, ein Mädchen geboren, dessen Name heute – ein Vierteljahrtausend später – weltweit bekannt ist. Jane Austen feiert (posthum) ihren 250. Geburtstag. Es ist ein Jubiläum, das weit über literarische Kreise hinausgeht, denn Austen ist längst nicht mehr nur eine Schriftstellerin; sie ist eine globale Marke, eine Popkultur-Ikone und eine der scharfsinnigsten Beobachterinnen der menschlichen Natur, die je gelebt haben. Wer Jane Austen nur auf Teetassen, Empire-Kleider und die romantische Suche nach Mr. Darcy reduziert, tut ihr Unrecht. Sicher, ihre sechs vollendeten Romane, darunter die Giganten “Stolz und Vorurteil” (Pride and Prejudice) und “Verstand und Gefühl” (Sense and Sensibility) enden fast alle mit einer Ehe. Doch der Weg dorthin ist gepflastert mit beißender Ironie und einer glasklaren Analyse ökonomischer Realitäten. Austen schrieb in einer Zeit, in der Frauen rechtlich kaum existierten und finanziell fast vollständig von Männern abhängig waren. Der „Heiratsmarkt“, den sie so präzise beschrieb, war für ihre Heldinnen keine bloße romantische Spielwiese, sondern eine knallharte Existenzfrage.
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Was Austen auch nach 250 Jahren so modern macht, ist ihre psychologische Brillanz. Sie verstand es wie keine Zweite, menschliche Schwächen wie Eitelkeit, Stolz, Gier und Selbsttäuschung mit feinem Humor zu sezieren. Ihre Protagonistinnen, allen voran die wortgewandte Elizabeth Bennet oder die selbstüberschätzende Emma Woodhouse, sind keine perfekten Engel, sondern komplexe Persönlichkeiten, die lernen müssen, ihre eigenen Vorurteile zu überwinden. Es ist faszinierend zu beobachten, wie lebendig Austen im 21. Jahrhundert ist. Ihre Werke wurden unzählige Male verfilmt, von werkgetreuen BBC-Serien bis hin zu modernen Adaptionen wie “Clueless” oder Einflüssen in “Bridgerton”. In den sozialen Medien diskutieren die „Janeites“ leidenschaftlich über Charakteranalysen, und ihre Romane führen beständig Bestsellerlisten an. Jane Austen führte ein äußerlich unspektakuläres Leben. Sie reiste wenig, heiratete nie und veröffentlichte ihre Werke zunächst anonym. Doch auf ihrem „kleinen Stück Elfenbein“, wie sie ihre Arbeit selbst nannte, malte sie ein Sittengemälde, das universell gültig blieb.
An ihrem 250. Geburtstag wird nicht nur einer Autorin der Regency-Epoche gedacht, sondern auch einer Frau, die lehrte, genau hinzusehen, über sich selbst zu lachen und den Wert von Integrität und echtem Verstand zu schätzen.