Die Mama der Lustenauer Austria

VN / 29.05.2020 • 08:00 Uhr
Die Mama der Lustenauer Austria
Lieselotte Reheis bei der Arbeit. Jeder Spieler erhält seinen Korb mit den Utensilien, die er fürs Match braucht. VN/LERCH

Lieselotte Reheis ist Mädchen für alles beim Cupfinalisten und glaubt an den Sieg gegen Red Bull Salzburg.

Lustenau Austria Lustenau spielt heute um den Sieg im Finale des österreichischen Fußballcups. Und sie steht mitten drinnen: Lieselotte Reheis, 74 Jahre alt, unermüdlich arbeitender guter Geist des Vereins. Sie wird heute Abend wieder jedem Spieler sein Körbchen hergerichtet haben. Dort, wo er alles vorfindet, was er für seine Adjustierung im vielleicht wichtigsten Spiel des Vereins braucht. Die Kicker werden sie wieder kurz herzen, bevor sie aufs Spielfeld laufen. Lieselotte wird sie im Gegenzug aufmuntern, ehe ihr Herz beim Anpfiff schneller zu schlagen beginnt.

17 Jahre gute Seele

“Ich bin jetzt über 16 Jahre bei der Austria tätig und für die Dressen zuständig”, sagt Reheis mit einem Seufzer in der Stimme. Doch in Wahrheit macht Lotte für “ihre Buben” viel mehr. Sie putzt ihnen die Wohnung, sie erledigt ihnen kleine Besorgungen, sie hört sich ihre Sorgen an, spendet Trost und gibt mütterliche Ratschläge. Nicht ein schlechtes Wort verliert sie über all die Spieler und Trainer, die sie in den bald 17 Jahren ihrer Tätigkeit erlebt hat.

Von einem spricht sie mit ganz besonderer Freude. “Der Andi Heraf war der erste Trainer, den ich erlebt habe. Der vergisst keinen meiner Geburtstage, der ruft mich auch sonst immer wieder an und fragt, wie’s mir geht. Er ist wie mein Bub”, findet Lotte rührende Worte über den Wiener.

Lotte ist eine wandelnde Anekdotensammlung des Vereins geworden. Sie schmunzelt über Edi Stöhr, der sie in Wien einmal fast schamhaft um eine Zigarette angeschnorrt habe und sie gemeinsam versteckt auf einem Balkon rauchten.

Allein mit Sidinei

Den erfolgreichsten Trainer in der Geschichte der Austria hat sie menschlich in guter Erinnerung. “Wie er mir Blumen ins Krankenhaus schickte, als ich einmal schwer krank war. Das war schon nobel.”

Nie vergessen wird sie auch ihren einzigen Fauxpas. Vor fünf Jahren packte sie einmal versehentlich die falschen Hosen ein. “Ich bemerkte es zu spät. Mit dem Zug bin ich der Mannschaft dann am Spieltag nachgefahren und habe die richtigen Hosen gebracht.”

Sie trägt auch traurige Erinnerungen mit sich. “Unvergessen bleibt für mich die schwere Verletzung von Sidinei de Oliveira. Mit dem war ich lange Zeit allein in der Kabine, nachdem es passiert war und er auf das Rettungsauto warten musste. Er hat geweint und war verzweifelt. Ich war in diesen bangen Minuten der einzige Mensch, den er hatte.”

Der grandiose Fußballer Sascha Boller ist ihr als Clown in Erinnerung geblieben. “Sein Auftreten, seine Sprüche. Wenn er dann zu mir sagen konnte: ‘Heute, Lotte, gewinnen wir. Und ich schieß’ ein Tor'”. Danilo Soares vergisst nie, ihr Grüße zu übermitteln, wenn er mit Thiago spricht.

Viel gegeben, viel bekommen

Lieselotte hat der Austria viel gegeben. Aber sie hat auch viel bekommen. “Ich war überall dabei, in guten und schlechten Zeiten.”

Angefangen hat alles vor knapp 17 Jahren. “Man fragte mich, ob ich kurzfristig aushelfen könne, bis sie jemanden gefunden hätten. Ich kam dann drauf: Sie haben nie mehr jemand anderen gesucht.”

Der Austria-Platz ist zu ihrem Zweitwohnsitz geworden. Es gibt Tage, die sie praktisch ausschließlich im Stadion verbringt. “Das kann an Spieltagen passieren. Die beginnen oft um 8 Uhr. Da gibt es dann so viel Arbeit, dass ich den ganzen Tag nicht nach Hause gehe und das Stadion erst gegen 23 Uhr verlasse.”

Lotte ist natürlich mit der Mannschaft nach Kärnten gefahren. “Wir werden dieses Spiel gewinnen”, sagt sie trotzig.

Lieselotte Reheis

Geboren 4. Februar 1946

Wohnhaft Lustenau

Beruf Pensionistin

Familie verheiratet, drei Kinder

Hobbys Austria Lustenau, Garten

Lieblingsspeise Eingebrannte Bohnen