Frau bei Streit mit Mann verletzt: Laut Richter nur eine „sportähnliche Rangelei“

Wegen denkwürdiger richterlicher Urteilsbegründung: Verfahren am Bezirksgericht Dornbirn muss neu aufgerollt werden.
Dornbirn, feldkirch Zur Vorgeschichte: In der Beziehung zwischen einer Frau und ihrem 39-jährigen Freund brodelte es schon seit Längerem. Dann kam da der 22. Jänner 2022. Wieder Streit. Diesmal in der Eskalationsphase. Um ihrem tobenden, schwer betrunkenen Lebensgefährten aus dem Weg zu gehen, wollte sich die Frau zu ihrem minderjährigen Sohn ins Kinderzimmer zurückziehen. Doch der Mann blockierte die Türe. Erst als er auf die Toilette musste, konnte sie sich Zutritt zum Kinderzimmer verschaffen.
Bei seiner Rückkehr rastete der 39-Jährige vollends aus. Seine Freundin begann den Wütenden mit der Handykamera zu filmen. Was sich als keine gute Idee erwies. Denn der Mann riss die Frau aus dem Bett und das Handy an sich. Sie erlitt dabei ein Hämatom am Auge (blaues Auge), er zerstörte das Handy anschließend mit einem Hammer.

Wegen Nötigung verurteilt
Der 39-Jährige wurde am Landesgericht Feldkirch wegen Nötigung zu einer teilbedingten Geldstrafe in der Höhe von 6000 Euro verurteilt. Unter anderem, weil er gewaltsam an der Unterwäsche der Lebensgefährtin „geschnüffelt“ hatte, um herauszufinden, ob sie fremdgegangen sei (die VN berichteten). Vom Vorwurf der Körperverletzung wurde er hingegen im Zweifel freigesprochen. Das ließ das Opfer nicht auf sich sitzen.
Die Frau konsultierte daraufhin den Bregenzer Rechtsanwalt Daniel Wolff. Ein Klagebegehren an das Bezirksgericht Feldkirch folgte. Wolffs Mandantin wollte vor allem wegen ihres erlittenen „blauen Auges“ und ihrer psychischen und physischen Spätfolgen zu ihrem Recht kommen.

„Einfach unglaublich”
Doch diese Hoffnung zerschlug sich. Der zuständige Richter wies das Klagebegehren ab. Und zwar mit einer Begründung, die laut Anwalt Wolff „einfach unglaublich“ ist. Denn die erlittene Körperverletzung stempelte der Bezirksrichter als das Ergebnis eines „sportähnlichen Gerangels“ ab. Denn „bei einem Gerangel gibt es, ähnlich wie bei einem Fußballspiel, gewisse Risiken“, wie es wörtlich in der Urteilsbegründung heißt.

Dazu Wolff empört: „Der Richter unterstellt somit, dass bei einer Partnerschaft wie in einem Fußballspiel ein Verletzungsrisiko besteht, dem man sich ausgibt.“ Der Rechtsanwalt und seine Mandantin legten gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel am Landesgericht Feldkirch als zweite Instanz ein. Mit Erfolg. Das Urteil wurde bemängelt und aufgehoben.

„Keine sportähnliche Betätigung”
„Das Landesgericht hat schließlich ausgeführt, dass eine tätliche Auseinandersetzung zwischen Lebensgefährten nicht als sportähnliche Betätigung qualifiziert werden kann und es für eine solche Beurteilung schon am spielerischen Element der Rangelei fehlt“, zitiert Wolff aus dem Beschluss des Landesgerichts auf Aufhebung des Urteils am Bezirksgericht. Letzterem wird zudem aufgetragen, in der Causa eine neuerliche Entscheidung zu fällen.
Trotz des Erfolgs möchte der Bregenzer Rechtsanwalt noch Folgendes bemerken: „Gewalt gegen Frauen ist insbesondere in Österreich ein allgegenwärtiges Thema. Unser Fall zeigt eindrücklich, wie schwer es Frauen insbesondere im Hinblick auf die Verharmlosung der Taten haben, ihre Rechte durchzusetzen.“