Eine Lawine aus dem Nirgendwo: Prozess nach Unglück in Zürs

Mitglieder der Lawinenkommission nach Beinahe-Katastrophe zu Weihnachten 2022 angeklagt. So lautet das Urteil.
Feldkirch Es war am Christtag des Jahres 2022, als Zürs knapp an einer Katastrophe vorbeischrammte. Zehn Skitouristen wurden von einem gewaltigen Schneebrett am Trittkopf erfasst (die VN berichteten). Alle überlebten, doch fünf von ihnen erlitten teilweise schwere Verletzungen. Die Blessuren reichten von Prellungen, Rissquetschwunden, einer Gehirnerschütterung bis hin zu einer teilweisen Querschnittslähmung.
Prozess am Landesgericht
Es wurde nach Verantwortlichen gesucht. Die fanden sich in den Personen eines 47-jährigen Betriebsleiters eines Skibetriebes und eines 56-jährigen selbstständigen Berg- und Skiführers. Beide Männer sind Mitglieder der Lawinenkommission. Und beide hatten damals dafür zu sorgen, dass die Piste, auf die das gewaltige Schneebrett niederging, sicher ist.

Am Dienstag fand am Landesgericht Feldkirch der Prozess statt. Die Anklagen gegen die Kommissionsmitglieder lauteten auf fahrlässige Körperverletzung, fahrlässige Gefährdung der Sicherheit und Fälschung eines Beweismittels. Staatsanwältin Sarah Maria Nenning warf den Beschuldigten vor, die Piste trotz offensichtlicher Lawinengefahr damals grob fahrlässig freigegeben zu haben.

“Nicht schuldig”
Beide Angeklagten hatten darauf nur eine Antwort: „Nicht schuldig.“ Sie beriefen sich auf ihre langjährige Erfahrung und versicherten, sämtliche Vorkehrungen am Tag zuvor, nämlich dem 24. Dezember 2022, getroffen zu haben. Der 47-jährige Erstangeklagte beteuert: „Ich habe damals in den frühen Morgenstunden im betreffenden Gebiet zwei Sprengsätze gezündet.
Erfolgreiche Sprengungen
Die Detonationen gelangen, was nicht nur die Systemkontrolle, sondern später auch der Lawinenkegel unten und die Abrisskanten oben bestätigten.“ Was heißen soll, dass von oben eigentlich keine Schneemassen mehr gedroht haben sollen. „Woher kam dann Tags darauf die Lawine?“, möchte die Staatsanwältin wissen. „Ich habe keine Erklärung dafür“, so die Antwort.
Der Zweitangeklagte führte an, nach den Sprengungen mit dem Erstbeschuldigten Kontrollfahrten durchgeführt und dabei unter anderem die Schneebeschaffenheit überprüft zu haben. Dabei habe nichts auf die Gefahr eines Abgangs eines weiteren Schneebrettes hingewiesen. Bezüglich der „Fälschung eines Beweismittels“ ging es darum, dass der Erstangeklagte einen Drittbeteiligten als Verantwortlichen angeführt habe. Doch der 47-Jährige korrigierte: „Es hat sich um einen Fehler im System gehandelt. Der Betreffende war damals im Urlaub.“
Freispruch im Zweifel
Am Nachmittag wurden die beiden Angeklagten in allen Punkten im Zweifel freigesprochen. Der gerichtliche Sachverständige Andreas Pecl hatte ausgeführt, dass die beiden Männer damals nicht sehen konnten, dass noch so viel Schnee im Hang gelegen war. Staatsanwältin Nenning kündigte drei Tage Bedenkzeit an, die Entscheidung ist also noch nicht rechtskräftig.
