Festspiele top, Bahnhof flop: “Bregenz möchte eine weltoffene Stadt sein und versagt hier gänzlich”

Im glamourösen Abendkleid oder schicken Anzug genießen Besucher die Inszenierung auf der Seebühne. Doch Ankunft und Heimreise führen oft durch den wenig eleganten Bregenzer Hauptbahnhof. Die VN haben sich umgehört, was die Festspielgäste darüber denken.
Bregenz Der Bregenzer Bahnhof ist mittlerweile im ganzen Land als Schandfleck bekannt. Besonders der allgegenwärtige Wasserkübel hat bei den Vorarlbergern Kultstatus erlangt. Einige wünschen sich sogar, dass er eines Tages im Landesmuseum ausgestellt wird. Nun sorgt die Haltestelle der Landeshauptstadt wieder für Gesprächsstoff, da pünktlich zum Beginn der Festspielsaison erneut alle Rolltreppen ausgefallen sind. Kauft man ein Ticket für die Seebühne, um “Der Freischütz” vor der einzigartigen Seekulisse zu sehen, ist die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln inkludiert. Dieses Angebot kommt bei den Festspielbesuchern sehr gut an. Die Bahnhaltestelle jedoch weniger.
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Rolltreppen als Dauerausfall
Sophie Sümmermann ist mit ihrer Mutter Karoline Remig nach Bregenz gekommen. Das Mutter-Tochter-Duo besucht die Festspiele jedes Jahr und kennt den Bahnhof gut. “Um diese Uhrzeit geht es noch. Nach der Aufführung, wenn es dunkel ist, fühlt man sich schon eher unwohl”, meint Sümmermann. Aus diesem Grund läuft sie auf dem Rückweg immer zügig durch.

“Die defekten Rolltreppen sind für uns kein neues Bild”, erzählt Remig lachend. Sie gibt zu bedenken, dass es vor allem für ältere Bahnreisende mit Koffern schwierig ist, wenn die Rolltreppen außer Betrieb sind. “Für eine Stadt Bregenz, die kulturell so viel bietet, ist es einfach überhaupt nicht einladend. Es wird Zeit für einen neuen Bahnhof”, sind sich Mutter und Tochter einig.

Neubau längst überfällig
Barbara Baumgartner ist mit ihrer Familie in Bregenz angekommen und sieht den Zustand des Bahnhofs ebenfalls kritisch. “Ich komme, seit ich 17 bin nach Bregenz zu den Festspielen”, erzählt sie. Den Bahnhof kenne sie dadurch “seit Urzeiten”.

Für Baumgartner ist der Neubau des Bahnhofs längst überfällig. “Als Festspielbesucherin finde ich es wirklich eine Affenschande, dass Bregenz zu den Festspielen nicht einmal eine funktionierende Infrastruktur am Bahnhof hat. Es ist peinlich und eine Zumutung”, tut sie ihren Unmut kund.

Bayerische Besucher amüsiert
Beatrice Böhringer und ihre beiden Begleiter Michael Scheib und Norbert Mentz sind aus Bayern angereist. Das Trio war ebenfalls schon bei den Festspielen zu Besuch. “Der Zustand des Bahnhofs macht aktuell einen traurigen Eindruck”, meint Scheib. Dass die Rolltreppen nicht funktionieren, sei eine Schande.

“Der Bahnhof könnte freundlicher und einladender sein, aber wir sind aus Deutschland auch Kummer gewohnt”, erzählen die bayerischen Gäste mit einem Augenzwinkern. Der geplante Neubau des Bahnhofs sei ihrer Meinung nach sehr zu begrüßen. “Dann kommen wir in zwei Jahren am neuen Bregenzer Bahnhof an”, zeigen sich Böhringer und ihre Begleiter optimistisch.

Akzeptabler Zustand
Für Anna und Olga Getmanets sowie Irina Makarinko ist es der erste Besuch in der Landeshauptstadt. Die drei Ukrainerinnen leben mittlerweile in Deutschland und sind für die Festspiele mit dem Zug angereist. “Der Bahnhof in Bregenz ist natürlich nicht vergleichbar mit dem in Wien, wo wir vor Kurzem erst waren”, meint Getmanets. Dies sei für die drei Besucherinnen aber auch aufgrund der Größe der Stadt nachvollziehbar. Sie empfinden den Bahnhof nicht als Schandfleck und erklären, “dass der Bregenzer Bahnhof im Vergleich mit Bahnhöfen in der Ukraine in einem akzeptablen Zustand ist.”

Bürgermeister auf Reparaturkurs
Der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch zeigt sich ebenfalls wenig begeistert über den aktuellen Zustand. “Es ist ärgerlich, dass zum Festspielstart die Rolltreppen am Bahnhof ausgefallen sind. Die ÖBB müssen dafür eine Lösung finden. Ich stehe im Austausch mit den Verantwortlichen und forciere eine rasche Behebung dieses Missstandes”, teilt er auf VN-Anfrage mit.

Er weist darauf hin, dass der Betrieb und die Instandhaltung des Bahnhofs den ÖBB obliegen und die Stadt nur beratend fungieren kann. “Bis eine Lösung für die defekten Rolltreppen durch die ÖBB gefunden wird, empfehle ich die neue Hypo-Unterführung zur Erschließung der Bahnsteige und als Durchgang zum See”, so das Stadtoberhaupt.
