“Die Alternative ist der Stau”: Digitale Zollabwicklung nimmt langsam Fahrt auf

Entlastung für Wolfurt kündigt sich an. Land prüft Absichtserklärung des Bundes, bestätigt der Landeshauptmann. Pilotprojekt soll nach und nach ausgeweitet werden.
Schwarzach In Wolfurt herrscht reger Betrieb. 600 LKW werden dort pro Tag am Zollamt abgewickelt. Vor 20 Jahren waren es nach Angaben des Landes rund 150. Die Verkehrsbelastung in Wolfurt und den grenznahen Gemeinden ist groß. „Im Moment ist die Zollabwicklung mangelhaft. Wir sehen viele Stauerscheinungen. Die Verhältnisse für die Lkw-Fahrer sind schlecht. Sie müssen zum Zollamt, um Formulare auszufüllen“, erklärt Landeshauptmann Markus Wallner. „Wir hoffen, dass wir noch vor der anstehenden Wahl zu einer Verwaltungsvereinbarung kommen, bei der wir sicherstellen, dass die Abwicklung digitalisiert wird.“ Die Gespräche mit Finanzminister Magnus Brunner würden laufen. „Der Entwurf einer Absichtserklärung liegt seit wenigen Tagen vor und wird derzeit von der Fachabteilung geprüft.“ Es kommt weiter Bewegung in die Sache.
Ein Viertel aller Zollabfertigungen
Eine moderne Zollabwicklung sei ein wichtiger Standortfaktor. „Alles andere wäre für ein Land mit so starker Exportindustrie nicht richtig“, hält der Landeshauptmann fest. Seit dem EU-Beitritt habe sich das Vorarlberger Exportvolumen von 2,5 auf 13,2 Milliarden Euro gesteigert.
„Das Binnenzollamt Wolfurt ermöglicht die Erledigungen der Zollmodalitäten sowohl für Österreich als auch für die Schweiz vor Ort.“ Über ein Viertel aller Zollabfertigungen Österreichs würden dort abgewickelt. Dann können die Lkw ohne weiteren Stopp über die Zollgrenzstellen Höchst/St. Margrethen, Lustenau/Au oder Mäder/Kriessern in die Schweiz. Auch die unmittelbare Nähe zu einem der größten ÖBB-Güterterminals Österreichs machen den Standort zu einem bedeutenden Drehkreuz.

Digitalisierung notwendig
Die Schweiz wird mit 2028 den Zollprozess vollständig digitalisieren. Vorarlberg muss also nachziehen. Eine enge bilaterale Abstimmung sei erforderlich. Grundlage ist eine zwischen dem Zollamt Österreich und dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit in Bern unterzeichnete Vereinbarung. Darin hat man sich auf einen gemeinsamen digitalisierten Grundzollprozess geeinigt. „Hauptziel ist die Vereinfachung und Beschleunigung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs an mehreren Übergängen, nicht nur in Wolfurt“, so Wallner. Demnach werden künftig zugelassene Warenorte in Vorarlberg durch zertifizierte Unternehmen genutzt. Das soll die Zollabfertigungen von den jeweiligen Grenzzollstellen verlagern. „Durch diese Maßnahme wird auch die Zollstelle Wolfurt nachhaltig entlastet“, erklärt Wallner.
Das Projekt wird gerade in einem Pilot-Korridor bei der Firma Gebrüder Weiss getestet. Eine laufende Ausweitung sei geplant: auf weitere Teilnehmer, weitere Grenzzollstellen und zugelassene Warenorte. Konkret wird anstelle des bislang erforderlichen papiermäßigen Laufzettels eine elektronische Korridorvoranmeldung übermittelt, um je nach Richtung den „Grenzzollstellen Eingangsschein (GZS-ES)“ bzw. den „Grenzzollstellen Ausgangsschein (GZS-AS)“ in digitaler Form zu erhalten. Das soll eine Zeitersparnis von bis zu zwei Stunden bringen.
Umbau “Dornbirn Nord” geplant
Um die Zollämter entsprechend umzurüsten, braucht es Investitionen, etwa für eine automatische Kennzeichenerfassung. „Es müssen auch bauliche Maßnahmen gesetzt werden, zum Beispiel eine eigene Abwicklungsspur“, erklärt Wallner. Zur Kapazitätssteigerung am Standort Zollamt Wolfurt sei die Baufreigabe zur Ausweitung des Vorstaustreifen der L190 bereits erfolgt. Auch beim Kreisverkehr Dornbirn Nord kündigt sich ein Umbau an. Um die Kapazitäten zu steigern, soll dieser zu einer ampelgeregelten Kreuzung werden, heißt es seitens des Landes.

Langsam geht es ans Eingemachte. Die Absichtserklärung des Finanzministeriums befindet sich in Prüfung. Einen ersten groben Entwurf für eine Bund-Länder-Vereinbarung (15a) gibt es ebenso. Diese muss aber von Landtag und Nationalrat abgesegnet werden – was erst nach den Wahlen realistisch ist. Ziel ist laut Wallner, die Umbaumaßnahmen für einen weitgehend automatisierten zollamtlichen Grenzübertritt bis Ende 2027 abzuschließen. Lkw sollen im gewerblichen Güterverkehr dann ohne Pause an der Grenzabfertigungsstelle durchfahren können. So wie es jetzt sei, könne es nicht weitergehen, sagt der Landeshauptmann. Die Digitalisierung sei notwendig, verringere Steh- und Wartezeiten. Die Abwicklung würde einfacher. „Das ist alternativlos. Die Alternative ist der Stau.“