Wird die Sozialhilfe tatsächlich gekürzt?

VN / 21.08.2024 • 16:11 Uhr
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Kinder und Jugendliche gehören bei den Sozialhilfebeziehern zur größten Gruppe. AFP

Und wer bekommt die Sozialleistung überhaupt? Zahlen, Daten, Fakten zur Sozialhilfe im Überblick.

Schwarzach Immer wieder erregt die Sozialhilfe die Gemüter. Die VN gingen den wichtigsten Fragen zum sozialen Auffangnetz in Vorarlberg nach. Dabei zeigen sich spannende Details: So ist die größte Gruppe der Bezieherinnen und Bezieher minderjährig und die Mehrheit kommt nicht aus Österreich. Außerdem wurde die Leistung bei einigen gekürzt.

Wie viele Personen beziehen in Vorarlberg Sozialhilfe?

Im ersten Halbjahr dieses Jahres zählte die Landesregierung 5469 Bezieherinnen und Bezieher, die in 2167 Haushalten leben. Das sind 1,33 Prozent aller Vorarlbergerinnen und Vorarlberger. 2023 bezogen insgesamt 9277 eine Leistung aus der Sozialhilfe, 2022 sind es 8989 gewesen.

Wer ist die größte Gruppe der Bezieherinnen und Bezieher?

Die Haushalte sind bunt durchgemischt, reichen von Alleinstehenden über Familien bis hin zu Pensionistenpaaren. Kinder und Jugendliche bilden seit vielen Jahren die größte Gruppe. 35,9 Prozent jener, die Sozialhilfe bekommen, sind 17 Jahre oder jünger. „Sie sollen in ihren Bildungswegen möglichst unterstützt werden, um rauszukommen“, erklärt Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker.

Wer ist gefährdet, Sozialhilfe beziehen zu müssen?

Je höher der Bildungsgrad, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, auf Sozialhilfe angewiesen zu sein. „Zwei Drittel der Sozialhilfe-Beziehenden haben maximal einen Pflichtschulabschluss“, erklärt Wiesflecker. Auch der Spracherwerb spielt mit. Die zweitgrößte Gruppe bei den Sozialhilfebezieher sind mit 1186 Personen die 18- bis 29-Jährigen.

Wer bekommt Sozialhilfe?

Für jene, die nicht aus Österreich kommen, gibt es unterschiedliche Voraussetzungen. Asylberechtigte haben ab dem Zeitpunkt ihres Schutzstatus Anspruch. EU-Bürger bekommen die Sozialhilfe nur, wenn sie arbeiten oder länger als fünf Jahre in Österreich sind. Drittstaatsangehörige müssen mindestens fünf Jahre rechtmäßig in Österreich gelebt haben.

Wer die Sozialhilfe in Anspruch nimmt, muss sein Vermögen aufgebraucht haben und darf maximal 6935 Euro besitzen.  Vermögen wie das Eigenheim wird so lange nicht berücksichtigt, als es zur Deckung des unmittelbaren Wohnbedarfs dient.

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Ist eine Sozialhilfe zusätzlich zum Gehalt oder zur Pension möglich?

Ja. 50 bis 55 Prozent aller Bezieher sind sogenannte Aufstocker. Sie beziehen ein niedriges Erwerbseinkommen, Arbeitslosen- oder Notstandshilfe oder sind Pensionisten mit Ausgleichszulage.

Kommen die meisten Sozialhilfebezieher aus Österreich?

Derzeit stammen 39 Prozent der Bezieher aus Österreich, 38 Prozent sind Asylberechtigte, 14 Prozent kommen aus Drittstaaten und knapp neun Prozent aus anderen EU-Ländern.

Wie hoch ist die Sozialhilfe?

Jede erwachsene Person erhält 485,45 Euro, dazu kommen 221,92 Euro für jedes der ersten drei Kinder, für Kind vier bis sechs gibt es 152,57 Euro, ab dem siebten Kind noch 117,90 Euro. Hinzu kommen die Wohnkosten, die in der Regel direkt an den Vermieter überwiesen werden. Die Wohnkosten einer Person dürfen maximal 650 Euro betragen, bis zu 875 für drei Personen, und maximal 1240 Euro für sechs Personen. Im Juni 2024 betrug die durchschnittliche Sozialhilfe pro Haushalt 992 Euro.

Wie oft wird die Sozialhilfe ausbezahlt?

Die Sozialhilfe gibt es zwölf Mal pro Jahr in Form von Geld- und/oder Sachleistungen.

Wie viel gibt das Land Vorarlberg für die Sozialhilfe aus?

2022 und 2023 lagen die Kosten bei über 20 Millionen Euro. Bis Ende Juni 2024 investierte das Land 12,87 Millionen Euro. „Ziel der Sozialhilfe ist es, ein letztes soziales Auffangnetz zu sein und die Personen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen können, über das AMS zu qualifizieren und zu vermitteln“, erklärt Soziallandesrätin Wiesflecker.

Maurice Shourot
Ziel sei es, die Bezieherinnen udn Bezieher der Sozialhilfe über das AMS zu qualifizieren und zu vermitteln, sagt Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker. Shourot

Kann die Sozialhilfe gekürzt werden?

Ja. Bevor Kürzungen vorgenommen werden, muss die Sozialhilfebehörde die Betroffenen aber schriftlich ermahnen, heißt es seitens der Fachabteilung des Landes: „In vielen Fällen führt die Ermahnung zum erwünschten Erfolg bzw. macht eine Kürzung nicht notwendig.“ Sanktioniert werden kann aus mehreren Gründen: wenn der Sozialhilfe-Bezieher nicht arbeiten möchte, wenn die Person eine arbeitsmarktbezogene Leistung wie einen AMS-Kurs verweigert oder wenn ein Alphabetisierungs-, Deutsch- oder Wertekurs nicht besucht wird.

Wie oft wurde die Sozialhilfe in Vorarlberg gekürzt?

Im ersten Halbjahr zählte das Land 348 Ermahnungen, das betrifft also rund sechs Prozent aller Bezieher. In den vergangenen beiden Jahren waren es 488 bzw. 463 Ermahnungen oder fünf Prozent. Gekürzt wurde in mehreren Fällen, nämlich 383 Mal (sieben Prozent) im ersten Halbjahr dieses Jahres. In den vergangenen beiden Jahren lag die Quote bei rund 7,5 Prozent und 680 bzw. 692 Kürzungen. Die meisten Ermahnungen treffen Asylberechtigte (63,5 Prozent im heurigen Jahr), bei den Kürzungen treffen heuer rund 50 Prozent auf Asylberechtigte. In den vergangenen Jahren war die Quote niedriger. Unter allen Kürzungen entfielen ein Viertel (2022) bzw. ein Drittel (2023) auf Asylberechtigte.