“Mit jeder Geschwindigkeitsbeschränkung wird es unattraktiver …”

VN / 30.09.2024 • 15:02 Uhr
In Gantschier und Schruns soll die Geschwindigkeit von jetzt 60 km/h auf 50 km/h herabgesenkt werden. VN/JUN
In Gantschier und Schruns wird die Geschwindigkeit von jetzt 60 km/h auf 50 km/h herabgesenkt. VN/JUN

Im Montafon sorgen neue Geschwindigkeitsbegrenzungen für Diskussionen: Während einige Gemeinden die Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit begrüßen, warnen andere vor negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität und die lokale Abwanderung.

Montafon Wer durch das Montafon fährt, muss besonders wachsam sein, denn auf der Strecke von der Autobahnabfahrt Bludenz-Montafon bis Partenen ändert sich die Geschwindigkeit auf den 29 Kilometern sage und schreibe 16 Mal. Wer zu schnell fährt, wird von den vier Radargeräten geblitzt.

Erst vor Kurzem wurde eine erweiterte 60er-Beschränkung bei der neuen Bahnschranke zwischen Lorüns und St. Anton eingeführt. Neu hinzu kommen jetzt noch die 50er-Beschränkungen vom Ortseingang St. Anton (bei der Bäckerei Lang) bis zum Bahnhof Vandans sowie vom Ortseingang Gantschier bis zum Käsehaus in Schruns. Das hat die Bezirkshauptmannschaft Bludenz bestätigt, nachdem die Bürgerinitiative Gantschier gefordert hatte, die Geschwindigkeit in Gantschier von 60 auf 50 km/h zu senken. „Wir haben erst nur für Gantschier gedacht, doch jetzt ist es mit St. Anton und Schruns etwas größer geworden“, sagt Initiator Herbert Tschofen.

Herbert Tschofen, Bürgerinitiative Gantschier, L188, Verkehr
Herbert Tschofen von der Bürgerinitiative Gantschier hat es geschafft: Vor seinem Haus wird in Zukunft 50 km/h gefahren. VN/JUN

Innerorts 50 km/h

„Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Innerortsbereiche im beantragten Abschnitt auf 50 km/h reduziert werden können. Die konkrete Verordnung ergeht in den nächsten Wochen“, informiert Arnold Brunner von der Abteilung Polizei und Verkehr bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz. Dass die Geschwindigkeit auf den 300 Metern zwischen dem Bahnhof Vandans und dem Ortseingang Gantschier nicht herabgesetzt wird, hat die Bezirkshauptmannschaft entschieden. „Im Außerortsbereich hat der Sachverständige keinen Grund gesehen, die Geschwindigkeit von 60 auf 50 km/h zu reduzieren“, erläutert Brunner. So ergibt sich auf den 29 Kilometern ein Flickenteppich an Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Bürgermeister Martin Vallaster begrüßt die Geschwindigkeitsreduktion: „Die Geschwindigkeitsreduktion wird die Lebensqualität für die Anrainerinnen und Anrainer an der L188 von Gantschier bis St. Anton bestimmt erhöhen, ebenso wird die Sicherheit für die Nutzer des Gehsteiges steigen.“

Anders die Gemeindevertretung der Gemeinde Gaschurn: Sie spricht sich einstimmig gegen eine Geschwindigkeitsreduktion auf den Freilandstraßen aus. Vielmehr wünscht sich die Gemeindevertretung auf den Umfahrungs- und Freilandstraßen eine Erhöhung der Geschwindigkeitsbeschränkungen.

Der Bürgermeister der Gemeinde Gaschurn, Daniel Sandrell, beim 26. Montafoner Tourismustag 2024, Veranstaltungsort Gemeindesaal St. Gallenkirch
Bürgermeister Daniel Sandrell aus Gaschurn ist gegen eine Geschwindigkeitsreduktion und fürchtet dadurch eine höhere Landflucht. SCO

Die Gründe dafür ergeben sich vor allem aus der drohenden Abwanderung der Bevölkerung. Sehr viele Gaschurner und Partener müssen, um attraktive Arbeitsangebote zu finden, längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. „Mit jeder Geschwindigkeitsbeschränkung wird es unattraktiver, in der Innerfratte zu wohnen und zu leben. Schnell wird die Landflucht dadurch zum großen Thema, mit dem wir tagtäglich zu kämpfen haben“, sagt Bürgermeister Daniel Sandrell. Für junge Familien, die ihre Arbeitsstellen im Raum Bludenz oder Feldkirch haben, wird der Arbeitsweg zur Belastung und noch zeitaufwändiger als bisher. „Eine Geschwindigkeitsreduktion auf Kosten der hintersten Bewohner des Tales zu erwirken, ist derzeit für die Gemeinde Gaschurn deshalb undenkbar.“

Bauliche Maßnahmen setzen

Aus Sicht der Gemeinde kann eine Reduktion der Geschwindigkeit nur dann erfolgen, wenn attraktive Alternativen gefunden werden. Dies könnte einerseits der Bahnausbau, andererseits aber auch eine Umfahrungsstraße im Bereich der Ill sein, die eine Entlastung für alle Bewohner des Montafons bringen würde. Vor allem aber ist Gaschurn der Meinung, dass durch einige bauliche Maßnahmen der Verkehr durch das gesamte Montafon flüssiger werden würde. Beispielsweise könnte die Errichtung von Abbiegestreifen im Bereich Lidl in Schruns oder im Bereich Rodund positive Auswirkungen haben. Auch Fußgängerunter- bzw. -überführungen könnten dazu beitragen, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Freilandstraßen nicht verringert werden müsste.

"Mit jeder Geschwindigkeitsbeschränkung wird es unattraktiver ..."

„Im Gemeindegebiet Gaschurn ist eine Geschwindigkeitsreduktion nicht gewünscht“, betont Daniel Sandrell. Er versteht nicht, wieso immer noch Wohnanlagen direkt an der L188 gebaut werden. „Wenn immer wieder neue Projekte direkt an der Straße bewilligt werden, obwohl die Anrainer in Gantschier schon seit Jahrzehnten auf die Problematik hinweisen, stößt das bei den Bürgern in der Innerfratte nicht unbedingt auf Verständnis.“