Es war einmal Fensterbau Isele: Wehmütiges Ende eines Parade-Kleinbetriebs

Der letzte fähige Mitarbeiter ging. Da mussten Vater und Sohn Isele zusperren. Viele Stammkunden entsetzt.
Lustenau Schwungvoll kommt Ernst Isele mit seinem Firmentransporter um die Ecke gebraust und bringt das Fahrzeug vor dem großen Eisentor zum Stehen. “Es ist jetzt halt so ruhig und einsam hier”, sagt der 72-jährige Lustenauer noch während des Aussteigens. Er öffnet die Tür zur Werkstatt. Dort schaut alles noch so aus, als könne man sofort wieder arbeiten. Alle Maschinen sind noch da, Fensterteile liegen herum. Doch dort wird niemand mehr arbeiten. Die einzigartigen Holz-und Alufenster von höchster Qualität wird es nicht mehr geben.

Nicht mehr 60 Stunden
“Uns blieb keine andere Wahl als zuzusperren”, sagt der Senior, der seinen Sohn noch mit über 70 Jahren als bestqualifizierte Vollzeitkraft unterstützte. “Doch als der einzige “fremde” Mitarbeiter vor dem Sommer die Firma verließ, nachdem die Iseles noch mindestens zwei zusätzliche Facharbeiter gebraucht hätten, war das Ende besiegelt. “Ich wollte und konnte nicht mehr jede Woche 60 Stunden arbeiten, und dabei trotzdem immer das Gefühl haben, ich hechle hinterher”, beschreibt der 34-jährige Patrick die Situation. Seit 1. Oktober arbeitet er als Spezialist in einem großen Betrieb in der Schweiz. Vater Ernst lässt sein Arbeitsleben als Einzelunternehmer, der Stammkunden noch für Reparaturarbeiten zur Verfügung steht, langsam austrudeln.

120jährige Geschichte
Nüchternes Reflektieren der Entwicklung wechselt bei Ernst Isele mit Momenten großer Wehmut. Er, der alles für den Betrieb gegeben hatte, mit Sohn Patrick einen würdigen Nachfolger fand, der mit über 70 noch schuftete wie ein Junger, musste dennoch das Schlusskapitel einer 120-jährigen Firmengeschichte in vierter Generation schreiben.
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Eine Geschichte, die 1903 mit Ernsts Großvater Gebhard als gewöhnliche Schreinerei in der Amann-Fitz-Straße begann. 1927 wechselte man in die Montfortstraße. Ernsts gleichnamiger Vater begann mit der Spezialisierung auf Fenster und Balkontüren noch in den 30er Jahren. 1973 übernahm er den Betrieb, 2017 übergab er Sohn Patrick das Kleinunternehmen. Dazwischen lag eine kräftige Investition in den Betrieb. “Ich konnte ja davon ausgehen, dass es nach mir weitergeht”, erklärt der langjährige Präsident der Turnerschaft Lustenau.

Unverständnis
Ernst Isele versteht vieles nicht mehr. “Wie kann es sein, dass viele junge Leute nicht mehr bereit sind, die Vielfalt eines kleinen Betriebes wie dem unsrigen zu schätzen – die natürlich mit Arbeit verbunden ist?” Auch fragt er sich: “Ist es angenehmer und letztlich profitabler, sich in einem System einzunisten, das Arbeit nicht mehr entsprechend belohnt?” Jahrelang hat er Lehrlinge gesucht, die er gerne zu fertigen Handwerkern ausgebildet hätte. Vergebens.

Der 72-Jährige sieht viele kleine Handwerksbetriebe in Gefahr. “Da geht so viel verloren”, merkt er mit Bitterkeit an. “Die Flexibilität, die Fähigkeit, handwerklich zu denken, Dinge zu reparieren statt nur neu zu kaufen.”
Ernst Isele steht für all das. Deswegen wird er noch einige Zeit ehemaligen Stammkundschaften alte Fenster reparieren, sie bei speziellen handwerklichen Herausforderungen unterstützen und ihnen das Gefühl geben: Da ist noch einer, der für sie da ist, wenn etwas kaputt geht.