Halbstundentakt, mehr Züge: Wie herausfordernd es ist, bei der ÖBB einen neuen Fahrplan zu erstellen

Am 15. Dezember tritt in Vorarlberg ein neuer Fahrplan in Kraft. Bei der ÖBB dafür verantwortlich ist Michael Anselm. Er gibt einen Einblick, wie herausfordernd es ist, bei 220 Lokführern einen Dienst- und Fahrplan zu erstellen.
Bludenz Am 15. Dezember steht wieder der alljährliche Fahrplanwechsel auf dem Programm. Nicht nur bei VMobil, sondern auch bei der ÖBB wird es einen neuen Fahrplan geben. Für Vorarlberg ist dafür Michael Anselm verantwortlich.
Seit Mai arbeitet er zusammen mit zwei weiteren Kollegen intensiv an der Erstellung des neuen Fahrplans. Wesentlich dabei ist die Einteilung der Lokführer. Die Züge muss die ÖBB-Infrastruktur schon eineinhalb Jahre im Voraus bestellen. Damit ist die Anzahl der Züge gemeint, die für einen reibungslosen Betriebsablauf notwendig sind.

Erst Angebot, dann Nachfrage
Was ist neu ab 15. Dezember? Zwischen Bregenz und St. Margarethen wird es einen Halbstundentakt geben. Die erste S-Bahn ab Dornbirn in Richtung Lindau fährt schon um 4.30 Uhr. Am späteren Abend fährt ein zusätzlicher REX von Lindau nach Bludenz. „Den Nahverkehr darf man nicht wirtschaftlich betrachten“, meint Michael Anselm. „Erst muss man ein Angebot schaffen, und dann erst kommt die Nachfrage.“ Seit er Senior-Planer ist, also seit acht Jahren, sind noch keine Zugverbindungen weggefallen, sondern nur neue hinzugekommen.

Die Personaleinteilung ist jedes Jahr eine Herausforderung, denn die ÖBB muss sich mit der SBB abstimmen, wer welchen Lokführer auf welcher Strecke stellt. So fahren die Lokführer der SBB nach Zürich, die der ÖBB nach St. Gallen. „Es müssen sehr viele Faktoren berücksichtigt werden, wie das Arbeitszeitgesetz“, erklärt Michael Anselm. Doch auch das jeweilige Wissen und Können der Lokführer spielt bei der Erstellung der Dienstpläne eine Rolle: Junge Lokführer, die frisch von der Ausbildung kommen, dürfen beispielsweise nur innerhalb Österreichs fahren und nicht die Grenzbahnhöfe Lindau und Buchs ansteuern. Dafür braucht es eine gesonderte Schulung. Eine achtwöchige Weiterbildung ist für die Strecken nach St. Gallen und München erforderlich. Und wer einen Railjet fahren will, muss ebenfalls zuerst eine Prüfung bestehen. All das muss Michael Anselm in seiner Planung berücksichtigen.

Hin und wieder „Gewissensbisse“
Nicht jeder Lokführer ist mit dem neuen Dienstplan zufrieden. Das sei aber normal: „Bei zehn verschiedenen Lokführern hast du zwölf verschiedene Meinungen.“ Michael Anselm kann es nicht allen recht machen. Auch er hat manchmal „Gewissensbisse“ bei der Einteilung der Schichten, weil er weiß, wie hart manche Schichten sind. Schließlich war er selbst sieben Jahre lang Lokführer. Beide Jobs hätten Vor- und Nachteile, doch ein großer Vorteil beim Bürojob sind sicherlich die geregelteren Arbeitszeiten. „Es war eine bewusste Entscheidung, ins Büro zu gehen“, sagt Michael Anselm, der Nachwuchsleiter beim ULC Bludenz ist und somit auch dort Verpflichtungen hat. Lokführer sind bei der ÖBB rar geworden, weshalb die ÖBB weiterhin händeringend neue Lokführer sucht.

Mit der Einteilung der 220 Lokführer beginnt der Bludenzer ein halbes Jahr vorher. Den Dienstplan erstellt er ab September, wobei der Betriebsrat als letzte Instanz noch kleine Änderungen vornehmen kann. Gewisse Puffer im Fahrplan sind eingeplant, um Verspätungen gegebenenfalls aufzuholen. Um den Überblick zu behalten, geht Michael Anselm systematisch vor: Er beginnt mit einem Tag in der Woche, dem Mittwoch. „Da verkehren die meisten Züge, vor allem Güterzüge“, sagt er.

Wenn Michael Anselm nicht gerade den Dienst- und Fahrplan erstellt, fährt er hin und wieder selbst eine Lok oder passt Dienstschichten an die Feiertage an. Auch um Fahrplanänderungen durch Großbaustellen wie momentan in Wolfurt kümmert sich der 40-Jährige. Wenn nächstes Jahr im Oktober die Arlbergstrecke einen Monat lang gesperrt ist, muss er viele Schichten abändern, da Güterzüge und Euronights über München umgeleitet werden.