So schätzen Bildungsexperten den neuen Neos-Unterrichtsminister ein.

Der blutjunge Ressortchef Christoph Wiederkehr (34) genießt nicht bei allen einen Vertrauensvorschuss.
Wien, Bregenz Er selber würde in England wohl zur bildungsmäßigen Upper Class zählen: Privatgymnasium, Studien unter anderem an den angesehenen Universitäten Sussex (GB) und an der Australian National University, Botschaftsmitarbeiter in der österreichischen Vertretung in Canberra, Australien. Nur ein kleiner Auszug aus der klangvollen Vita des jungen Christoph Wiederkehr, dem studierten Politikwissenschaftler und Doppelstaatsbürger (Österreich und Frankreich).
Und jetzt ist der seit 2020 als Wiener Bildungs- und Integrationsstadtrat tätige Neos-Jungstar plötzlich Unterrichtsminister der Republik. Ein Ressort, das seit Jahrzehnten in einem ideologischen Minenfeld liegt, versehen mit permanent ungestilltem Reformhunger.

Skeptischer Walser
Bei Vorarlberger Bildungsexperten sind Einschätzungen und Erwartungen an den Nachfolger des stramm konservativen Martin Polaschek (59, ÖVP) geteilt. “Seine Bilanz als Wiener Bildungsstadtrat ist nicht atemberaubend. Er hat jene Brennpunktschulen nicht unterstützt, die man hätte unterstützen müssen, Gelder sogar gekürzt, die bildungspolitischen Inhalte im Regierungsprogramm sind bisher nur Schlagzeilen”, gibt sich der frühere grüne Bildungssprecher im Nationalrat, Harald Walser (71) dem Neuen vom Minoritenplatz (Sitz des Bildungsministeriums) eher skeptisch. Versöhnlicher Nachsatz von Walser: “Aber ich will ihn jetzt nicht gleich als Bildungsminister präjudizieren. Man wird sehen, was er macht.”

Gassers Freude
Naturgemäß anders ist Wiederkehrs Parteifreund und Neo-Nationalrat Johannes Gasser (33) dem vormaligen Wiener Bildungsstadtrat gegenüber eingestellt. “Wiederkehr hat sich in Wien trotz der schwierigen Rahmenbedingungen und den großen Herausforderungen gut eingebracht. Jetzt kann er mit seinem dort angeeigneten Wissen und den nun größeren Möglichkeiten einiges bewegen”, sagt der Vorarlberger. Gasser beschreibt Wiederkehr als besonnenen Politiker mit großem Schaffensdrang.
Wünsche an den neuen Bildungsminister hat der in seiner Funktion ebenfalls neu im Amt befindliche Pflichtschullehrervertreter Alexander Frick (57). “Ich habe in seinem Regierungsprogramm etwas von ‘Erleichterung für die Einrichtung von Modellregionen’ gelesen. Das klingt gut. Jetzt sollte das halt umgesetzt werden”, verlangt Frick. Einen anderen Wunsch hat der Lehrervertreter an Wiederkehr auch noch. “Es muss Maßnahmen bei der Einstellung von Quereinsteigern geben. Die darf man nicht einfach mit dem niedrigsten Gehalt einstellen. Man sollte auch Leistungen, die sie in der Privatwirtschaft erbracht haben, bei der Entlohnung berücksichtigen.”

Optimismus bei Tagger
“Willkommen im Amt” heißt Christoph Wiederkehr Elternvertreter Michael Tagger (61). “Nachdem die Neos Bildung zu ihrem wichtigsten Thema erklärt haben, ist es gut, dass ein Neos-Vertreter das Bildungsressort übernimmt”, gibt sich Tagger optimistisch. Und weiter: “Man kann in fünf Jahren einiges bewegen. Ich hoffe, Wiederkehr findet neue Zugänge zu den Problemfeldern und kann auch mit unkonventionellen Lösungen aufwarten.”
