„Es ist wie ein Puzzlespiel“: Studenten restaurieren historische Mauer

Studierende der BOKU Wien sanieren die Trockensteinmauer entlang der Via Valtellina in Gargellen – ganz ohne Mörtel, sondern nur mit den Steinen vor Ort.
Gargellen In Vergalden, an der Grenze zur Alpe Valzifenz, sanieren 15 Studenten der BOKU Wien (Universität für Bodenkultur) die Trockensteinmauern entlang der Via Valtellina. Der ehemalige Säumerweg erstreckt sich zwischen Schruns und dem norditalienischen Tirano. Die Trockensteinmauern in Vergalden dienen als Begrenzung zweier Grundstücke, damit das Vieh nicht auf das jeweils andere Grundstück gelangen kann. Doch nach 500 Jahren sind diese Begrenzungsmauern verfallen. Die Studenten der BOKU Wien wollen sie wieder herrichten.

Die Trockensteinmauern aus Gneis heizen sich im Sommer auf und bieten vielen Tieren ein Zuhause. „Die Mauern sind ein riesiges Biotop“, sagt Friedrich Juen von den Bergbahnen Gargellen. Hier findet man Blindschleichen, Salamander, Schnecken, Wiesel, diverse Insekten und Pflanzen.

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80 Zentimeter hoch wird die Mauer. „Damit das Vieh nicht mehr drüberspringen kann“, erklärt Juen. Bei seinem Haus in Gargellen ist die Trockensteinmauer 290 Meter lang. Allein sie zu sanieren, würde Jahrzehnte dauern. Landwirte gibt es kaum mehr im Haupterwerb, weshalb sie auch keine Zeit mehr aufbringen können, um diese Mauern zu restaurieren.


Mit der Natur arbeiten
Daher kommen die Studenten für Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur ins Spiel, die die Trockensteinmauern als Teil ihres Baupraktikums sanieren. Student Stefan Gschwandegger steht kurz vor seinem Bachelorabschluss. Ihm gefällt es, mit der Natur zu arbeiten. „Das Arbeiten mit der Natur und dem Gelände ist anders, als wenn man etwas neu erbaut. Man muss mitdenken und schauen, dass man sich nicht verletzt.“ Manche Steine sind so schwer, dass sogar vier Leute Schwierigkeiten haben, sie anzuheben. Teamarbeit ist gefragt.


Er erläutert den Arbeitsablauf: „Wir haben die Mauer zuerst in ihrem Ist-Zustand aufgenommen.“ Dazu zählten die Gesteinsart, die Höhe, Breite, der Fuß und die Mauerkrone. Nachdem die technischen Daten dokumentiert wurden, haben die Studenten die Steine abgetragen und diese nach Größe und Qualität sortiert. Damit die Steine nicht wackeln, legt man kleinere Steine als Keile dazwischen. Um die Zwischenräume zu füllen, verwenden die Studenten sogenannte Maussteine – kleine Steine, die die Wühlmäuse aufwühlen. „Die verzahnen sich dann“, sagt Stefan Gschwandegger, der sich auf ingenieurbiologische Bauwerke spezialisieren will.


Wie die Mauer stabil bleibt
Dozent Stefan Locher erklärt, dass sie sich auf zwei Abschnitte direkt links und rechts neben dem Wanderweg konzentriert haben. Die ganze Trockensteinmauer zu erneuern, würde mehrere Jahre in Anspruch nehmen, da das Praktikum der Studenten nur eine Woche dauert. „Wir können noch oft kommen, wenn uns die Alpgemeinschaft einlädt“, sagt Locher. Bei der Trockensteinmauer komme es vor allem auf handwerkliches Können an, damit die Mauer stabil bleibe. „Große Steine halten die Mauer zusammen“, erklärt Locher. Die vorhandenen Steine werden aufeinandergeschichtet. „Die Steine halten nur, wenn man sie richtig setzt. Es ist wie ein Puzzlespiel.“


Das Besondere bei der Bauweise ist, dass kein Mörtel verwendet wird. Man arbeitet nur mit dem Material, das schon vor Ort ist. Die Mauer besteht auch nach der Sanierung gänzlich aus Natursteinen. Es werden keine Steine angeliefert. „Wir wollen das Handwerk an die nächste Generation weitergeben“, sagt Juen, der im Rahmen der Mauerbauwoche seine Gemeindearbeitsstunden leistet.


Initiiert und finanziert wird das Projekt von der Alpe Valzifenz, deren Weiderechte zu einem größeren Teil auch der Gemeinde Bludesch gehören. Bürgermeister Martin Konzet ist zugleich auch Alpmeister der Alpe Valzifenz. Die guten Erfahrungen, die die Gemeinde beim Projekt Vanovagasse mit der BOKU Wien gemacht hat, hat Martin Konzet genutzt, um eine BOKU-Bauwoche in Gargellen zu organisieren.

