“Das Thema Bildschirmzeit ist ein täglicher Kampf” – Dornbirner Eltern und ihre Handyregeln

VN / 03.09.2025 • 07:30 Uhr
"Das Thema Bildschirmzeit ist ein täglicher Kampf" – Dornbirner Eltern und ihre Handyregeln
Die 11-jährige Johanna Bechtold kann die Handyregeln ihrer Eltern nachvollziehen, doch nicht alle Kinder und Jugendlichen sind derart verständnisvoll.VN/Paulitsch

Kinder sind bei der Handynutzung vielen Gefahren ausgesetzt. Die Kontrolle davon ist aufwendig, aber unerlässlich, wie Guntram Bechtold und Heidi Winsauer finden. Sie geben Tipps für den Umgang mit dem Smartphone.

Darum geht’s:

  • Handyregeln sind eine zeitintensive und undankbare Aufgabe.
  • Eltern sorgen sich um psychologische Abhängigkeit und digitale Gewalt.
  • Begrenzte App-Nutzungszeiten und digitale Kompetenzen gefordert.

Von Katja Grundner

Dornbirn Guntram Bechtold und Heidi Winsauer wissen: Die Handynutzung kann für Kinder große Gefahren bergen. Sie wissen auch: Das Kontrollieren davon ist eine zeitintensive und undankbare Aufgabe. “Dafür erntet man so viel Dank wie für eine Gemüsesuppe”, sagt Winsauer. Die beiden Eltern, deren Kinder in dieselbe Klasse des Bundesgymnasiums Dornbirn (BGD) gehen, haben klare Handyregeln in ihren Familien aufgestellt.

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Winsauers 11-jähriger Sohn lässt dabei erheblichen Widerstand spüren. Und obwohl Bechtolds Tochter Johanna (11) den Sinn hinter den Regeln nachvollziehen kann, bleiben auch für den sechsfachen Vater die Herausforderungen nicht aus: “Das Thema Bildschirmzeit ist ein täglicher Kampf.” Jeden Tag muss diese innerhalb der Familie neu ausgehandelt werden, da die Kinder ihre Handynutzung mit jener der Mitschüler vergleichen.

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Heidi Winsauer meint, dass Kinder durch das Handy den vernünftigen Umgang mit der Lebenszeit verlernen. VN/Paulitsch

Gefahren und Ängste

Als größte Sorgen in Bezug auf die Handynutzung seiner Kinder nennt Guntram Bechtold zwei Punkte: einerseits die psychologische Abhängigkeit und andererseits den illegalen Bereich mit beispielsweise digitaler Gewalt und Pornografie. Der 42-jährige Dornbirner ist Elternvertreter für zwei Klassen seiner Kinder und Obmann des Vorarlberger Familienverbands. In diesen Rollen stellt er fest, dass “das Thema vielen Eltern unter den Nägeln brennt.” Gleichzeitig berichtet er von Eltern, die ihrer erzieherischen Verantwortung in Bezug auf die Handynutzung nicht ausreichend nachkommen.

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Guntram Bechtold betont, dass Eltern bei der Handynutzung der Kinder in Verantwortung gezogen werden müssen. VN/Paulitsch

Mit langem Atem

Bechtold ist Vater von sechs Kindern zwischen zwei und 15 Jahren. Seine Tochter Johanna bekam vergangenen Sommer im Alter von zehn Jahren ihr erstes Handy. Damit zählte sie in ihrer ersten Klasse am BGD zu den Letzten. Grundsätzlich steht sie den Handyregeln ihrer Eltern offen gegenüber. “Sie sind ganz gut, denn dadurch können wir mehr zusammen machen. Sonst hängt jeder nur an seinem Gerät”, sagt die Elfjährige. Bechtold betont, dass dieses Verständnis mit Konsequenz und langem Atem aufgebaut werden musste.

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Johanna kennt die Gründe für ihre Handyregeln. VN/Paulitsch

Handyregeln in Guntram Bechtolds Familie:

  • Die Kinder bekommen frühestens nach der Volksschule, also im Alter von rund zehn Jahren, ein Handy.
  • An Schultagen gibt es eine Handysperrzeit bis 17 Uhr, damit die Kinder konzentriert lernen und Hausaufgabe machen können.
  • Vermeidung der Handynutzung im eigenen Zimmer.
  • Neben der Bildschirmzeit wird kontrolliert, was für Inhalte sich die Kinder ansehen.
  • Alle Kinder sowie beide Elternteile haben dasselbe Passwort auf ihren Geräten, was ein Gefühl von Transparenz und Vertrauen in beide Richtungen schaffen soll.
  • TikTok und Snapchat dürfen erst mit 13 oder 14 Jahren benutzen werden, unter anderem aufgrund des hohen sozialen Drucks, der davon ausgeht.

Schlupflöcher

Heidi Winsauer ist Kommunikationstrainerin und als Obfrau bei Rettet das Kind tätig. Sie hat zwei Kinder, wobei das Handy aktuell nur bei ihrem älteren Sohn Thema ist. Er startete die erste Klasse vergangenes Jahr noch ohne Handy, doch dann wurde eine wichtige Information der Schule über eine WhatsApp-Gruppe geteilt, die er im Endeffekt nicht erhalten hat. Zusammen mit dem Drängen ihres Sohnes ließ sie dieses Ereignis nachgeben. “Aber seitdem er das Handy hat, gibt es dreimal pro Tag Stress”, sagt die 47-jährige Dornbirnerin.

Handyregeln in Heidi Winsauers Familie:

  • Begrenzte Benutzerzeit von Apps und Internet.
  • Kontrolle über Inhalte und darüber, welchen Personen online gefolgt wird.
  • Für eine Stunde Gartenarbeit oder zwei Stunden Sport dürfen eine Stunde lang Videospiele gespielt werden, was dem körperlichen Ausgleich dient.

Teil der Handyregeln in ihrer Familie sind begrenzte Benutzerzeiten von Apps. Auf gewisse Schlupflöcher war Winsauer jedoch nicht vorbereitet: Sie fand heraus, dass ihr Sohn über Spotify auf YouTube-Videos zugreifen und somit einen Teil der begrenzten Benutzerzeit umgehen kann.

YouTube-Videos sind bei dem 11-Jährigen, der gerne Minecraft spielt, ein großes Thema. Um in dem Computerspiel besser zu werden, sieht er sich nämlich oft YouTube-Videos von anderen Spielern an. “Das ist quasi so, als wären diese fremden Spieler – die meist erwachsen sind – bei ihm im Zimmer. Das würden wir bei einer realen Person auch nicht zulassen”, erklärt Winsauer.

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Heidi Winsauer ist es wichtig, dass ihre Söhne sich angewöhnen, ihren ganzen Körper zu benutzen, nicht nur ihre Daumen und das Hirn. VN/Paulitsch

Um sich sicher im digitalen Raum aufhalten zu können, bräuchte es ihrer Meinung nach gewisse Kompetenzen, die Kinder erlernen müssten. “Wie bei Fahrrad- und Führerscheinprüfungen”, merkt sie an. Auch wenn viele Eltern kein Gefahrenbewusstsein für die Situation hätten und die ständigen Handykontrollen viel Aufwand bedeuten, will sie weiterhin genau hinsehen.

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(VN)