Als vegane Ernährung noch kein Thema war

Heimat / HEUTE • 09:19 Uhr
Ansicht des Schlachthofs an der Hermann-Sander-Straße, 1950er Jahre (Foto: Sammlung Otto Schwald)
Ansicht des Schlachthofs an der Hermann-Sander-Straße in den 1950er Jahre. Sammlung otto schwald

Ein Jahrhundert lang war das Schlachthaus Anlaufstation für die Bludenzer Metzger.

Bludenz Eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Bludenzer Bevölkerung mit Fleisch kam bereits im 19. Jahrhundert dem Schlachthaus zu, das sich ursprünglich in der Rathausgasse befand. Angesichts des desolaten Zustands des Gebäudes am Ende des 19. Jahrhunderts wurde 1898 ein Komitee gegründet, das sich mit der unbefriedigenden Situation auseinandersetzen und auch über einen möglichen Neubau des Schlachthauses nachdenken sollte. Nur wenig später ersuchten im Jahr 1901 die sieben Metzgermeister der Stadt zumindest um eine mehr als dringend nötige Sanierung des Schlachthauses. Seitens der Stadt entschloss man sich aber sogar zu einem zukunftsträchtigeren Schritt und veranlasste einen Neubau an der Hermann-Sander-Straße, der dann auch innerhalb weniger Jahre ausgeführt wurde, sodass das neue Schlachthaus 1909 fertiggestellt war.

Abbruch des Schlachthauses 1974 (Foto: Sammlung Josef Concin)
Abbruch des Schlachthauses im Jahr 1974. Sammlung Josef Concin

Angesichts des gestiegenen Fleischbedarfs in der weiter angewachsenen Bevölkerung der Stadt erwies sich dieser Neubau allerdings schon nach kurzer Zeit als zu klein. Daher kam es bereits in den Jahren zwischen 1912 und 1915 zu einer Erweiterung. Auch eine geplante Gleisverbindung vom Bahnhofsgelände zum benachbarten Schlachthof wurde erwogen, schließlich jedoch nicht realisiert.

Kontrolle über Fleischmarkt

In der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft wurde Ende 1940 geplant, einen neuen, deutlich größeren Schlacht- und Viehhof auf dem Areal des ehemaligen Gutshofs in Brunnenfeld zu errichten. Die neue politische Führung wollte damit die vollständige Kontrolle über den Fleischmarkt übernehmen, wie das auch in anderen Bereichen (z. B. Milchhof) verfolgt wurde. Mit den Planungen wurde der Stuttgarter Architekt Hellmuth Hornung beauftragt, der sich monatelang mit diesem Projekt beschäftigte und einen großzügig angelegten Gebäudekomplex errichten wollte. Dazu sollten unter anderem eine Groß- und Kleintierschlachthalle, ein Kühlhaus und eine Wurstfabrik gehören. Auch hinsichtlich der Innenausstattung und der nötigen Maschinen lagen bereits konkrete Pläne vor. Der Baubeginn verzögerte sich aber angesichts finanzieller Engpässe und der kompletten Umstellung auf Kriegswirtschaft. Schließlich kam es zu keiner Realisierung des letztlich allzu groß angelegten Projekts, mit dem ja die Fleischversorgung der gesamten Region hätte gewährleistet sein sollen. 1943 wurden dann die Planungen endgültig eingestellt.

So blieb also das Schlachthaus auch nach den Kriegsjahren an seinem angestammten Platz an der Hermann-Sanderstraße und erfreute sich bei der Bevölkerung weiterhin großer Beliebtheit, da hier günstig Freibankfleisch gekauft werden konnte. Dabei handelt es sich um Fleisch aus Schlachtungen von Tieren, die eigentlich nicht zum Schlachten vorgesehen waren, sondern durch Unfälle zu Tode kamen.

In den 1960er Jahren sollte das in die Jahre gekommene Gebäude mehreren an dieser Stelle geplanten Hochhäusern weichen. Da schließlich aber nur das heute noch bestehende Hochhaus an der Färberstraße ausgeführt wurde, „überlebte“ das Schlachthaus noch weitere Jahre, ohne allerdings seiner einstigen Funktion nachzukommen. Ein von den Metzgermeistern Katzenmayer und Pfleghar angeregter Neubau eines kleinen Schlachthofs im Gebiet Wiesenrain scheiterte an der fehlenden Unterstützung durch die Stadt. Schließlich erfolgte 1974 der Abbruch des nicht mehr zeitgemäßen und inzwischen auch recht verwahrlosten Gebäudes, als für die neue Zufahrt zur inzwischen eröffneten Umfahrungsstraße durch den Bremschl an seiner Stelle eine Straßenüberführung nach Bürs und Parkplätze errichtet wurden.OS