Wo sich Alptradition und Geschichte begegnen

Alpsennerei im Vorsäß Hinterhopfreben ist eine Besonderheit in der Wälder Alplandschaft.
Schoppernau Wenn Karl Moosbrugger noch mal das “Sennkessi” anheizt, um letzte Käselaibe zu sennen, dann sind seine 65 “vierbeinigen Milchlieferanten” schon unterwegs in die Ställe ihrer sechs Besitzer – die herbstliche Vorsäßzeit im wohl berühmtesten Wälder Vorsäß, in dem einst Franz Michael Felder viele Sommer verbrachte, ist vorbei und der Alpsenner geht mit seiner Gattin Roswitha daran, das Sennhaus “winterfest” zu machen, denn bis zum Aufziehen im Mai 2026 ist Winterschlaf angesagt.

Am Ziel des Felderweges
Die Alpsennerei und die in Hinterhopfreben längst auch touristisch genutzten Hütten bleiben trotzdem lohnendes Ziel einer geschichtlichen Wanderung: Hier endet der Felder-Weg, der im Zentrum von Schoppernau beginnt und über mehrere Stationen auf Felders Spuren ins Vorsäß führt – vorbei an Felders Geburts- und Wohnhaus, durch das Vorsäß Vorderhopfreben und schließlich bis Hinterhopfreben. Tafeln mit Zitaten von und über den Dichter und Sozialreformer weisen auf wichtige Aspekte seines Lebens hin. Felder hat seine spätere Frau Anna Katharina schon in frühester Jugend im Vorsäß kennengelernt, denn auch deren Familie besaß dort eine Hütte.

Geheimnisvolle Villa Maund
Gut fünf Kilometer lang ist der Wanderweg und wer will, kann auch einen Abstecher zur Armenseelen-Kapelle hoch über dem Tunnel machen. Ein weiterer kleiner “Umweg” führt zur Villa Maund, die aktuell nur noch sporadisch für spezielle Events genutzt wird, und vielleicht gerade deshalb ein wenig geheimnisvoll wirkt. So wurden einige Szenen des Reinhold-Bilgeri-Films “Der Atem des Himmels” in und um das im Wäldchen versteckte Haus gedreht.

Dass seine in den Jahren 1892 bis 1895 erbaute Villa einmal “Filmstudio” werden würde, hätte sich der englische Bankier und Großwildjäger Sir John Oakley Maund wohl nicht erträumt, Villa Maund war Domizil adeliger Jagdgesellschaften – prominentester Gast war der deutsche Kronprinz Wilhelm, der 1908 Geschichte schrieb, indem er als erster Gast per Auto in den Bregenzerwald anreiste. Seine Reise ging in die Verkehrsgeschichte ein, denn im Bregenzerwald galt damals ein Kfz-Fahrverbot. In allen Gemeinden gab es Ausnahmegenehmigungen – nur in Alberschwende nicht. Am Ortsanfang musste Hoheit deshalb den Motor abstellen, das Auto wurde von Pferden durch den Ort gezogen und erst am Ortsende durfte wieder Gas gegeben werden.

Alptradition seit Jahrhunderten
Das hat sich total geändert – unverändert ist die Alptradition. Die Abläufe der Dreistufenlandwirtschaft sind so, wie sie vor Jahrhunderten waren: Ende Mai/Anfang Juni kommt das Vieh ins Vorsäß, zieht nach vier, fünf Wochen weiter auf die Hochalpen, um ab Ende August wieder für etwa vier Wochen im Vorsäß zu bleiben.

“Heuer”, so weiß Senn Karl Moosbrugger, der heuer in Hinterhopfreben Silbernes Jubiläum feiern durfte, “ist man außergewöhnlich früh aufgezogen, das Vieh – 65 Milchkühe und einiges Galtvieh – kam schon am 13. Mai”. Am 20. Juni ging es weiter auf die Hochalpe, seit 29. August war das Vieh von fünf verschiedenen Hochalpen wieder zurück, um jetzt den Alpsommer endgültig zu beenden.

Ein sehr guter Sommer
Rund acht Tonnen feinsten Alpkäse haben Karl und Roswitha “in einem sehr guten Sommer” gesennt. “Anfangs wurden täglich rund 1700 Liter verarbeitet, am Ende noch etwa die Hälfte”, erklärt Karl einem Kunden, der sich direkt im Sennhaus mit Alpkäse eindeckt. “Käse”, so Roswitha, “haben wir genügend, Alpbutter und Topfen nur selten, denn die werden fast zur Gänze von Stammkunden vorbestellt” – Direktvermarktung pur. STP



