Bauhistorische Untersuchung im Zürcherhaus brachte Sensation

Heimat / 09.10.2025 • 10:06 Uhr
Dieses Gebäude in Brunnenfeld war Gegenstand bauhistorischer Untersuchungen (Foto: OS)
Dieses Gebäude in Brunnenfeld war Gegenstand bauhistorischer Untersuchungen Otto Schwald

Das geschichtsträchtige Gebäude in Brunnenfeld wurde bereits im 13. Jahrhundert erbaut.

Bludenz Im Rahmen der im letzten Jahr gestarteten Vortragsreihe zur Stadtgeschichte, die vom Stadtarchiv und vom Geschichtsverein Region Bludenz veranstaltet wird, begann kürzlich die Serie der Herbstvorträge mit dem Thema “Bauforschung im Zürcherhaus”. Architekt Raimund Rhomberg, der sich bereits seit mehreren Jahrzehnten intensiv mit Bauforschung beschäftigt, präsentierte dabei in einem eindrucksvollen Vortrag die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Untersuchung des geschichtsträchtigen Hauses am Eingang zur Ortsparzelle Brunnenfeld, das allgemein als “Zürcherhaus” bekannt ist. Da die Geschichte dieses Gebäudes aber lange vor die Zeit der Zürcher begann, verwendet Rhomberg lieber die Bezeichnung “Ansitz Brunnenfeld”, da es ursprünglich von den Herren von Brunnenfeld bewohnt wurde.

Referent Raimund Rhomberg mit Stadtarchivar und GV-Obmann Stefan Stachniß (Foto: OS)
Referent Raimund Rhomberg mit Stadtarchivar und GV-Obmann Stefan Stachniß

Zunächst ging es bei der Untersuchung um die exakte Ausmessung des Gebäudes und die Erstellung eines exakten Plans, zumal sich ältere Pläne als recht ungenau erwiesen. Als Bauforscher ist Rhomberg bei seiner Tätigkeit aber auf die Hilfe mehrerer anderer Wissenschaften angewiesen. Für die exakte Altersbestimmung ist die Dendrochronologie unverzichtbar, und mit Dr. Klaus Pfeifer konnte er wieder auf einen seit Jahren bewährten Partner zurückgreifen.

Die Analyse der verschiedenen Holzbauteile im Gebäude, die mit Hilfe von insgesamt 19 Kernbohrungen durchgeführt wurde, führte schließlich zu einer präzisen Datierung. Dabei wurde die Vermutung, dass es hier verschiedene Bauphasen gab, vollinhaltlich bestätigt. Das Ergebnis glich schließlich einer bauhistorischen Sensation, denn der älteste Teil des Gebäudes in der Westecke konnte in die frühe zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert werden, also kurz nach der Stadtgründung. Es ist außergewöhnlich, dass aus dieser Zeit außer Kirchen und Burgen solche Bauten erhalten sind.

Bauforscher Raimund Rhomberg bei seinen Ausführungen (Foto: OS)
Bauforscher Raimund Rhomberg bei seinen Ausführungen

Um etwa 1450 muss unter dem Geschlecht der Kärglis eine erste ostseitige Erweiterung erfolgt sein. Dort stand möglicherweise zunächst sogar ein eigenes Gebäude, vielleicht ein Getreidespeicher, der später in den Gesamtkomplex integriert wurde. Darauf deutet vor allem die Analyse der Räumlichkeiten im Kellergeschoss hin. Den nächsten Umbau vollzogen am Ende des 16. Jahrhunderts die später namensgebenden Zürcher, die das Haus schließlich Mitte des 17. Jahrhunderts auch aufstocken ließen, wobei ein riesiges, zweistöckiges Dachgeschoss dazukam. Das ist auch gut an der Ostfassade erkennbar, die im ersten und zweiten Geschoss unstrukturiert wirkt, im Giebelbereich aber – typisch für die Barockzeit – streng symmetrisch erscheint.

Seit dem späten 17. Jahrhundert gab es am Kern des Gebäudes keine großen baulichen Veränderungen mehr. An der Westfassade, wo sich schon früher ein Abort befand, wurde um 1830 ein Schopf angebracht, der – die Säulen weisen darauf hin – einen ähnlichen Vorgängerbau ablöste. Knapp drei Jahrzehnte später wurde an der Nordseite eine steinerne Waschküche angebaut.

Auch die Innenausstattung des Gebäudes ist mit ihren unterschiedlichen Gewölben und Decken Beleg für die verschiedenen Bauphasen. Erhalten sind auch alte Türangeln und Schlösser – ebenfalls aus verschiedenen Zeiten.

Insgesamt stellt das gesamte Gebäude auch für Raimund Rhomberg eine wahre archäologische Fundgrube dar, vor allem für die Zeit des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. Da auch die Objekte im unmittelbaren Umfeld sehr alt scheinen, werden sich bei weiteren Untersuchungen vermutlich noch zahlreiche neue Erkenntnisse ergeben. OS