Wiederkehrs Bildungsvisionen. Schön und gut, aber …

Vorarlbergs Schulpartner reagieren nüchtern bis vorsichtig zustimmend auf die Pläne des jungen Neos-Bildungsministers.
Wien, Bregenz Christoph Wiederkehr (35) hat viel vor. Einen “Plan Z” (Z = Zukunft) verspricht der Ressortchef vom Minoritenplatz für die österreichische Bildungslandschaft. Es soll einen totalen Umbau des Systems geben. Ohne Tabus, dafür mit vielen Elementen, welche die Schule auf das echte Leben vorbereiten. Wiederkehr nennt Schwerpunkte wie Medienkunde oder das Verständnis von Wirtschaft für eine Welt, die durch KI und Desinformationskampagnen demokratiegefährdende Ausmaße angenommen hat. Das jetzige System erachtet Wiederkehr für träge und veraltet, um für die heutigen Herausforderungen wie Klimawandel oder Migration gewappnet zu sein. Bis März kommenden Jahres soll der Plan “Z” stehen und präsentiert werden.

“Brauchen politische Bildung”
“Ich denke schon, dass wir in den Bereichen Finanzen, Wirtschaft oder Steuerwesen besser auf das künftige Leben vorbereitet werden könnten. Natürlich ist auch Medienkunde von großer Bedeutung. Ebenso bräuchte es ein Fach Politische Bildung”, definiert AHS-Landesschulsprecherin Josefine Müller ihre Forderungen an ein funktionierendes Bildungssystem der Zukunft. Bildungsminister Wiederkehr findet sie gut. “Seine Ziele sind die richtigen, und auch die Schwerpunkte, die er setzt.”

Journalismus an HLW Rankweil
Stichwort Medienkunde. Die Inhalte dieses Themas dringen zwar in mehrere Fächer durch, ein extra Fach “Journalismus und Medienkunde” gibt es jedoch nur an der HLW Rankweil. Dort unterrichtet der ehemalige ORF-Redakteur Gernot Hämmerle (55) das Fach. Er unterstreicht die Wichtigkeit der Bewusstmachung der komplexen und teils auch irreführenden Welt der Medienlandschaft. “Junge Leute beziehen ihre Informationen oft nur über TikTok und Instagram. Es ist wichtig, sie über die Quellen von Berichten und Meldungen zu informieren und ihnen vor Augen zu führen, welche Qualität diese haben.”
Von oben nach unten
Christian Höpperger (56), Direktor der Mittelschule Hard-Mittelweiherburg, begegnet den Plänen Wiederkehrs mit Vorsicht. “Ich befürworte immer noch das bestehende Konzept der neuen Mittelschule, das auf Chancengleichheit für Schüler und Begegnungen auf Augenhöhe von Lehrern und Behörden fußt. Mittlerweile ist diese Begegnung auf Augenhöhe verschwunden, die Kommunikation läuft wieder von oben nach unten. Wenn das, was der Bildungsminister propagiert, auch bei den Schülern ankommen sollte, dann wird das ein längerer Prozess.”

Stete Entwicklung
Nicht nachvollziehbar ist für den Leiter der HAK Lustenau, Johannes Scheffknecht (57), des Ministers Forderung nach einem völligen Umbau des Systems. “Daran arbeiten wir ja derzeit, gerade auch mit den geforderten Schwerpunkten wie Praxisnähe, vernetztes Denken oder Berufszugang. Jetzt einen totalen Umbruch zu verlangen, hieße ja auch, dass wir bisher alles falsch gemacht haben.”

“Ein Umbau vollzieht sich im Schulwesen permanent. Das bringen aktuelle Entwicklungen mit sich”, meint Reinhard Sepp (62), Direktor des BRG/BORG Dornbirn Schoren. An seiner Bildungsstätte seien etwa angepasste, schulautonome Stundentafeländerungen für alle Schulzweige schon längst üblich. “Ich bin ja gespannt, wie sich Wiederkehrs Ideen verwirklichen lassen. Ich halte sie für vielversprechend. Mal sehen, ob sie sich den politischen Sachzwängen entziehen können”, so Sepp weiter. Vermisst hat der Schulleiter eine klare Stellungnahme des Ministers zur Gemeinsamen Schule.
