Wo Deutschlernen erste Bürgerpflicht ist

VN / 25.11.2025 • 14:46 Uhr
Wo Deutschlernen erste Bürgerpflicht ist
Philipp SteurerDie Kinder einer der beiden Deutschförderklassen in der Volksschule im Park in Bludenz sind mit Eifer bei der Sache.

An der Volksschule Park in Bludenz soll unsere Muttersprache Kinder aus 35 Sprachwelten zusammenbringen.

Bludenz “Das Katze.” Der aufgeweckte Dreikäsehoch lässt sich willig korrigieren. “Die Katze, heißt es”, sagt Lehrerin Andrea Scheider und präsentiert weitere Hauptwörter zur Kombination mit dem richtigen Artikel. Noah, Amrei, Anisa, Ladina und all die anderen der insgesamt 13-köpfigen Gruppe geben ihr Bestes bei dieser Sprachübung. Und das Beste ist zumeist auch das Richtige. Alle machen sie einen konzentrierten Eindruck. Zumindest vor dem schulfremden Besucher, der die eine der zwei Deutschförderklassen an der Schule im Park in Bludenz beobachtet.

Von überall her

Die Klasse umfasst gewöhnlich 20 Schülerinnen und Schüler. Sie kommen aus der Türkei, Rumänien, Serbien, Syrien, Österreich, Ukraine, Albanien und Schweden. “Es ist spannend und herausfordernd zugleich”, beschreibt Lehrerin Andrea Scheider ihren Job in der Deutschförderklasse, die sie an diesem Tag gemeinsam mit dem Mathematik-Kollegen Patrick Burtscher unterrichtet. “Du brauchst viel Geduld und Verständnis. Stets alles öfters wiederholen ist ein Muss”, führt die erfahrene Pädagogin, die seit 1999 im Dienst ist, aus.

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VNAufpassen und konzentriert bleiben. Einige der Kinder sind nach Einschätzung ihrer Deutschlehrerin durchaus AHS-reif. Wenn da nicht das Sprachproblem wäre …

Sie weiß: Viel hängt von ihr ab. Denn von den Eltern der Kinder mit Migrationshintergrund hat sie nicht viel zu erwarten. “Die verfügen zumeist nicht über genügend Deutschkenntnisse, um mich zu unterstützen”, sagt Scheider.

Seit 2018 Deutschförderklassen

Die Deutschförderklassen wurden 2018 im österreichischen Schulsystem eingeführt. Kinder mit ungenügenden oder nicht vorhandenen Deutschkenntnissen werden dabei in einer Gruppe zusammengefasst. Sie sollen in der geltenden Unterrichtssprache so weit gefördert werden, bis sie die Voraussetzungen zur Teilnahme am Regelunterricht besitzen. Zuerst heftig umstritten, hat sich das Modell mehr oder weniger etabliert. “Du kannst vielleicht vier oder fünf Kinder ohne Deutschkenntnisse in einer Regelklasse integrieren. Das geht aber nicht, wenn es zu viele sind”, sagt Andrea Scheider.

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VNDirektor Simon Hagen will das System der Deutschförderung an seiner Schule völlig umstrukturieren.

Hamburger Modell

Direktor und Cluster-Leiter (Volksschule, Sonderpädagogisches Zentrum) Simon Hagen (42) hat mit seinem Team bezüglich Deutschförderung einiges vor. “Wir sind froh, dass die Schulautonomie bei der Deutschförderung nun kommt. Wir werden unser Modell umstrukturieren. Statt zwei Klassen mit je 17 Kindern werden wir unsere vorhandenen Ressourcen für Kleingruppen nützen.”

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APABildungsminister Christoph Wiederkehr will für die Deutschförderung eine Schulautonomie.

Die Volksschule im Park, bestehend aus 272 Schülerinnen und Schülern, hat mit 34 Kindern einen hohen Anteil an Deutschförder-Kandidaten. Insgesamt 35 verschiedene Muttersprachen müssen auf Deutsch als Unterrichtssprache reduziert, die Eltern in den Spracherwerb eingebunden werden. Hagen schwört auf das Hamburger Modell. “Dieses sieht eine Sprachstandserhebung von Kindern im Alter von viereinhalb Jahren vor. Können sie null Deutsch, werden zwei Vorschuljahre verpflichtend.”