Zwangsversteigerungen in Dornbirn – “Dahinter steckt immer ein Schicksal”

Ein Hohenemser verliert sein Haus, Gläubiger viel Geld und Interessenten hoffen auf ein gutes Geschäft.
Darum geht’s:
- Zwangsversteigerungen wegen Insolvenz
- Gläubiger verlieren viel Geld
- Besitzer hofft, dass er in seinem Zuhause bleiben kann
Von Katja Grundner
Dornbirn „Das Haus war für die Firma meines Sohnes als Hypothek hinterlegt“, sagt der Besitzer des Familienheims mit roten Augen, der heute sein Zuhause verlieren wird. Doch es ist nicht die einzige Zwangsversteigerung an diesem Mittwochmorgen. Eine Stunde später ist das Geschäftslokal seines Sohnes in Lustenau an der Reihe, das vor zwei Jahren eine Millionenpleite verursacht hat.

Verschiedene Interessenten
Es ist selten, dass die Betroffenen bei der Zwangsversteigerung im Bezirksgericht Dornbirn anwesend sind. Unsicher steht der Hausbesitzer aus Hohenems inmitten von Bankvertretern und weiteren Interessenten, die sein Haus kaufen wollen. Einer davon ist Yasin Öztürk, für den eine Zwangsversteigerung Neuland ist. Vor allem reizt den 27-Jährigen aus Bürs ein hoffentlich günstiger Preis. Das Schicksal der Hausbewohner sei für ihn kein Hindernisgrund: „Wenn ich es nicht kaufe, macht es ein anderer.“

Es ist auch ein Paar anwesend, das vor einer Woche bei der Besichtigung war und sich mitfühlend mit dem Besitzer, der anonym bleiben möchte, unterhält. Schon während des Wartens vor dem Gerichtssaal ist ihm der Schmerz über den möglichen Verlust seines Zuhauses anzusehen.

Der Hausbesitzer habe in der Möbelfirma seines Sohnes gearbeitet, die mit 1,9 Millionen Euro verschuldet ist. Rund 50 Gläubiger sind betroffen und verlieren viel Geld. Dies schmälert jedoch nicht den Schmerz über den Hausverlust für den Besitzer. „Hinter jedem Zwangsversteigerungsfall steckt ein Schicksal. Bei manchen ist es selbst verschuldet, in anderen Fällen sind es Umstände wie Unfall oder Krankheit“, sagt der Interessent Dominik Brunauer, Geschäftsführer der Immobilienfirma FBI.
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Das Unternehmen mit Sitz in Altach erwerbe im Durchschnitt jede Woche eine Immobilie aus einer Zwangsversteigerung in ganz Österreich. In der Hälfte der Fälle ergebe sich eine Möglichkeit, die Betroffenen durch Miete und ein Wiederkaufsrecht in ihrem Zuhause zu halten. Auch der Hausbesitzer aus Hohenems hofft, dass sich ihm solch eine Option bieten wird.

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Der Meistbietende
Zu Beginn der Zwangsversteigerung des Hauses in Hohenems klärt die Richterin über einige Sachverhalte und mögliche Risiken auf. Etwa, dass eine Räumungsexekution nötig werden kann, die Immobilie möglicherweise unversichert ist und sich der Vermieterstatus verändert haben könnte – was auf Neulinge in diesem Gebiet schnell abschreckend wirken kann. Anschließend müssen die Interessenten nacheinander einen Ausweis und das Vadium – in diesem Fall 51.970 Euro – vorweisen. Letzteres muss zwingend in Form einer Sparurkunde erfolgen. Danach beginnt die Versteigerung in mindestens 10.000-Euro-Schritten.
Während des gesamten Ablaufs sitzt der Besitzer in der hintersten Reihe mit Tränen in den Augen. Im Gegensatz dazu läuft die Versteigerung äußerst locker ab. Nach den ernsten, formellen Sequenzen zu Beginn wird nun unter den Anwesenden immer wieder gescherzt und gelacht.
Schlussendlich ersteigert eine Bank das Haus um 460.000 Euro. Der Schätzwert lag bei 519.700 Euro. „Ich bin froh, dass es die Bank bekommen hat. Vielleicht finden wir eine Lösung, damit ich mit meiner Familie weiterhin darin wohnen kann“, sagt der Besitzer.
Das Geschäftslokal in Lustenau wurde anschließend von derselben Bank für 500.000 Euro ersteigert.
(VN)