Zwischen Mobilität und Miteinander – was Stuhlyoga so besonders macht

In Kennelbach zeigt Tina Jeremic, dass Yoga auch im Sitzen stark macht.
Kennelbach Ein Stuhl, ein ruhiger Raum und eine halbe Stunde Zeit – mehr braucht es nicht für einen Yogaunterricht bei Tina Jeremic. Die 26-jährige Yogalehrerin unterrichtet jede Woche Stuhlyoga im Sportheim FC in Kennelbach. Geeignet ist dieses Yoga für alle – ob jung oder alt, oder wie Jeremic mit einem Grinsen sagt: “Für alle zwischen 16 und 90.”

Eine Idee aus dem Wohnzimmer
Die Idee zum Stuhlyoga kam ihr während ihrer Ausbildung zur energetischen Yogalehrerin mit Ayurveda-Schwerpunkt, die sie in Deutschland absolvierte. Zu dieser Zeit habe sie gleichzeitig viel mit der Oma ihres Freundes verbracht. “Sie war viel allein, ihre Muskeln waren schwach und ich trainierte fünf Minuten täglich mit ihr auf dem Stuhl. Schon nach einer Woche konnte ich eine Verbesserung sehen”, erzählt Jeremic. Die positive Wirkung auf Beweglichkeit und Lebensfreude war so überzeugend, dass sie das Format ausbaute und heute regelmäßig unterrichtet.

Gelenkschonend und tiefenwirksam
Stuhlyoga ist gelenkschonend und gleichzeitig überraschend fordernd. “Es werden Muskeln aktiviert, die man im Alltag kaum benutzt – auch junge Leute haben nach der Stunde Muskelkater”, sagt Jeremic und lacht. Im Fokus steht die tiefe Muskulatur: Rücken, Schultern, Arme, Bauch, Oberschenkel, Waden und sogar die Füße. Alles ohne Zusatzgewicht, nur mit dem eigenen Körpergewicht.
Für wen ist Stuhlyoga geeignet?
Zielgruppe sind nicht nur Senioren. Auch Menschen mit Bewegungseinschränkungen, etwa nach Operationen oder mit chronischen Erkrankungen wie Parkinson, profitieren von der ruhigen, aber effektiven Praxis. “Eine Teilnehmerin hat etwa Probleme mit dem Lymphfluss im Arm. Sie macht trotzdem mit – jede Bewegung zählt”, erklärt Jeremic.
Selbst Berufstätige können durch kurze Einheiten im Büro profitieren, zum Beispiel durch die Mobilisierung des oberen Rückens mit ein paar Atemübungen – das geht auch zwischendurch.

Bewegung und Begegnung
Aktuell nehmen um die acht Personen am wöchentlichen Kurs teil. Die Gemeinschaft ist ein wichtiger Faktor. “Viele kommen nicht nur wegen der Bewegung, sondern auch wegen des sozialen Austauschs”, sagt Jeremic. Der Kurs ist bewusst still gehalten – begleitet von Musik und ätherischen Ölen, mit kleiner Schlussentspannung. “Eine halbe Stunde, in der man wirklich runterkommen kann”, beschreibt sie die Atmosphäre.
Für das kommende Jahr wünscht sich Jeremic vor allem eines: mehr Teilnehmer – und mehr Offenheit. “Viele glauben, Yoga ist nur für super Bewegliche. Aber das ist, wie wenn man sagt: Ich bin zu dreckig zum Duschen”, meint sie mit einem Grinsen im Gesicht. Gerade ältere Menschen möchte sie ermutigen, sich auf das Experiment einzulassen. Auch Männer dürften sich öfter trauen – aktuell ist ihre Gruppe nur mit einem Mann vertreten.