„Ich habe ein reines Gewissen“

Vorarlberg / 30.10.2012 • 22:34 Uhr
Auszug aus Gesprächsaufzeichnung: Stemer war über die Schwarzgeldkassa bereits informiert.
Auszug aus Gesprächsaufzeichnung: Stemer war über die Schwarzgeldkassa bereits informiert.

LR Siegi Stemer bleibt dabei: Er will nicht vorzeitig über Schwarzgeld gewusst haben.

Dornbirn. Die Affäre um die Schwarzgeldkassa beim Sportservice in Dornbirn spitzt sich zu. Trotz eines Beweises, der den VN vorliegt, streitet Sportlandesrat Siegi Stemer (62) nach wie vor ab, bereits am Donnerstag, dem 18. Oktober, von der Existenz einer Schwarzgeld-Kassa Kenntnis gehabt zu haben. Beim Beweis handelt es sich um das Transkript einer Tonbandaufnahme jenes Gesprächs (siehe Auszüge) zwischen Stemer und dem Sportservice-Geschäftsführer Martin Schäffl (42), das die beiden am Tag vor der Auslieferung der Schwarzgeldkassa durch Schäffl führten. Dabei wurde Stemer vom Sportservice-Geschäftsführer unzweifelhaft über die Existenz einer Schwarzgeldkassa infomiert.

Bleiben Sie dabei? Sie hatten bis zur Anzeige von Geschäftsführer Schäffl keine Kenntnis über Schwarzgeld und Schwarzkassa beim Landes-Sportservice?

Stemer: Ich habe über die Existenz einer Schwarzgeldkassa erst am Nachmittag des 19. Oktober erfahren. Am Tag davor führte ich mit Martin Schäffl ein Gespräch. Dort hat er erstmals von gewissen Bedenken gesprochen. Aber da fiel kein Wort über eine Handkassa. Sonst hätte ich doch sofort gesagt, wo ist die? Erst danach hat er offensichtlich die Handkassa in den Räumlichkeiten des Sportservice gefunden. Noch einmal, ich bleibe bei der Wahrheit. Von der Existenz einer Kassa hab’ ich am Freitag, dem 19., so ungefähr gegen 12.30 Uhr erfahren. In einem Telefonat mit dem Landhaus.

Im ORF-Fernsehinterview vom 24. Oktober sprachen Sie von den Bedenken Schäffls, welche dieser erst am Tag der Kassa-Übergabe Ihnen gegenüber geäußert haben soll. Im Radio-Interview vom Dienstag sagen Sie: Schäffl hat diese Bedenken schon einen Tag vor ­Übergabe der Kassa geäußert. Was stimmt nun?

Stemer: Am Donnerstagnachmittag gegen 15 Uhr hat er von gewissen Bedenken gesprochen, was die Gebarung anbelangt. Aber nichts von einer Handkassa. Konnte er auch nicht. Weil er nach eigenen Angaben die Handkassa ja erst Stunden später selber gefunden hat. Ich wiederhole: Über die Existenz einer Handkassa hab’ ich erst am Freitag erfahren.

Wir verfügen über ein Dokument, welches eindeutig beweist, dass Sie nicht die Wahrheit sagen (Stemer werden einige Passagen des Gesprächs mit Schäffl vorgelesen).

Stemer: Ich habe von einer Handkassa erst am Freitag ­erfahren. Schäffl fuhr unmittelbar nach dem Gespräch zum Sportservice und suchte die Kassa. Noch am selben Tag.

Aber er hatte Ihnen gegenüber bereits im Gespräch zuvor wortwörtlich die Sache mit der Handkassa erwähnt.

Stemer: Das ist unglaublich. Die Tatsache, dass der Geschäftsführer seine Sorgfaltspflicht nicht erfüllt hat, scheint in dieser Causa überhaupt keine Rolle zu spielen. Jetzt sucht man einfach ein Bauernopfer – in Zeiten, wo die Politik ohnehin in der Kritik steht. Und das ist halt einmal der Stemer. Da steht doch Aussage gegen Aussage. Ich habe ein reines Gewissen. So ein Protokoll könnte doch im Nachhinein angefertigt worden sein.

Es ist kein Protokoll. Es ist ein Dokument mit zweifelsfreier Beweiskraft.

Stemer: Das kann man nachträglich anfertigen. Aber man glaubt nicht dem Politiker, sondern dem anderen. Es steht Aussage gegen Aussage.

Anderes Thema. Wie begegnen Sie den Vorwürfen, dass im Sportservice Vollzeitangestellte mit Sportveranstaltungen Geschäfte machen?

Stemer: Das wurde von Landeshauptmann Sausgruber und mir eingestellt. Das wurde auch mit Schäffl und ­Kessler besprochen. Ich habe klipp und klar angewiesen, dass das nicht geht. Darüber gibt es Dokumente. Es wurde dieses Thema auch im Aufsichtsrat behandelt. Es gibt bestimmte Serviceleistungen des Sportservice für alle ­Vereine, aber nicht mehr und nicht weniger. Alles darüber hinaus ist dem Geschäftsführer zu melden und nach Stundenaufzeichnungen abzurechnen. Dass die Patrizia Eugster als Schwester der Verena Eugster (Anm.: im Sportservice angestellt) diese Firma auf eigene Rechnung weiter- geführt hat, ist keine negative Feststellung. Wir haben die Einheiten des Sportservice nach diesen Vorfällen genau definiert und gesagt: Das ist eine Serviceleistung, auf die jeder Veranstalter Anspruch hat. Nicht mehr und nicht weniger. Alles darüber hinaus hat in die offizielle Gebarung einzugehen.

Trotzdem. Es gab auch heuer wieder Veranstaltungen, bei denen Personen als Sportservice-Mitarbeiter in Erscheinung traten und auf einem Privat-Firmenkonto abrechneten.

Stemer: Das ist letztes Jahr abgestellt worden. Dann hat die Patrizia Eugster auf eigene Rechnung und Gefahr die Organisation dieser Veranstaltungen übernommen. Jetzt gibt es neuerdings noch Hinweise der Vermögensverwaltung, dass hier noch einige offene Fragen sind. Diese werden jetzt geklärt.

Warum stehen Sie Martin Keßler so nahe?

Stemer: Was heißt so nahe – das könnte man jetzt falsch interpretieren. Er ist ein Umsetzer, er war jemand, der sich ins Zeug gelegt hat fürs Sportkonzept. Er war für viele andere Entwicklungen verantwortlich. Er hat seine Mitarbeiter motiviert, hat aber da und dort übers Ziel hinausgeschossen. Das hat er selber eingesehen und hat von sich aus die Kündigung eingereicht.

Mit der Kartengeschichte anlässlich der Fußball-EM, als sie übrige Karten verkauften, hat diese Loyalität nichts zu tun?

Stemer: Das ist ein völliger Schmarren und ist schon längst aufgeklärt.

Wie haben Sie auf die Kritik vom Rechnungshof reagiert, der von der Unvereinbarkeit Ihrer Funktion als Aufsichtsrat und ihren gestalterischen Aktivitäten beim Sportservice sprach?

Stemer: Ich habe diese Kritik sehr ernst genommen. Wir hatten früher immer am Montagmorgen einen Jour fixe. Es ging da um die Abstimmung des Sportreferats mit dem Sportservice. Nach dem Rechnungshofbericht haben wir angeordnet, dass der Geschäftsführer bei den tatsächlich operativen Jour fixe am Freitag dabei sein muss.

Nahm in einem ausführlichen Interview zu den Vorwürfen Stellung: Siegi Stemer.  vn/steurer
Nahm in einem ausführlichen Interview zu den Vorwürfen Stellung: Siegi Stemer. vn/steurer