Ein realistischer Kompromiss?
Bis vor wenigen Wochen hätte ich einen Rückblick auf das Jahr 2012, was den Föderalismus in Österreich betrifft, so formuliert: Nach Jahrzehnten des Stillstands wurden die Landesverwaltungsgerichte in der Verfassung verankert. Nach jahrelangen Diskussionen und Zentralisierungsdrohungen des Bundes konnte in der Gesundheitsreform ein durchaus respektables Zwischenergebnis erzielt werden. Bei der Parteienfinanzierung haben einige Länder, insbesondere Vorarlberg, durch ein Vorpreschen für mehr Transparenz und Kontrolle gesorgt. Es wäre also ein durchaus positives Resümee geworden.
Dann aber kam der Finanzskandal in Salzburg. Es reicht nicht, dass eine einzelne Bedienstete mit oder ohne Wissen der politisch Verantwortlichen 340 Millionen verspielt haben soll. Unfassbar ist, dass das Land auch nicht weiß, was mit 400 Millionen Euro, die es selbst von der Bundesfinanzierungsagentur ausgeliehen hat, geschehen ist.
Auf Bundesseite wollen sich nun viele die Chance nicht nehmen lassen, die Länderbudgets zu knebeln. In einer Verfassungsbestimmung, so der Vorschlag, soll verankert werden, welche Finanzgeschäfte die Länder in Zukunft überhaupt noch machen dürfen. Auch Leute, die sicherlich keine Zentralisten sind, haben, weil sie über die Vorgänge in Salzburg zu Recht empört sind, Verständnis für diesen Vorschlag.
Das Problem ist, dass eine solche Verfassungsbestimmung gar nicht alle denkbaren spekulativen Geldgeschäfte umschreiben könnte. Sie würde daher voraussichtlich einen Blankoscheck für das Finanzministerium enthalten, die zulässigen Geldgeschäfte des Landes festzulegen. Damit wäre beispielsweise auch das Land Vorarlberg dem Gutdünken des Bundes ausgeliefert. Es könnte sich nicht mehr auf dem freien Markt finanzieren, sondern nur noch nach Anweisung der Bundesfinanzierungsagentur Geld aufnehmen und veranlagen. Ein solcher Vorschlag wäre das Ende der Budgethoheit des Landtages.
Ein realistischer Kompromiss sollte darin bestehen, in die Verfassung lediglich eine Grundsatzbestimmung aufzunehmen und die nähere Ausführung im Vereinbarungsweg zwischen Bund und Ländern zu regeln. Entscheidend muss dabei sein, dass Bund und Länder die Details als gleichrangige Partner aushandeln, die dann auch für alle Ebenen gleichermaßen verbindlich sein müssen.
peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Vorarlberger Landtages und
leitet das Institut für Föderalismus in Innsbruck.
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