Richterin Claudia Kahr am „Rotlichtschalter“

Vorarlberg / 05.04.2013 • 20:31 Uhr

Verfassungsjuristin behandelt Beschwerde gegen abschlägigen Bordell-Bescheid.

Wien. Wie von den VN berichtet, hat der 54-jährige Bürserberger Hermann Hahn durch seinen Anwalt Sanjay Doshi (36) beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde gegen die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn wegen der Abweisung seines Antrags auf Errichtung eines Bordells in Hohenems eingereicht. Dieser abschlägige Bescheid der Behörde erging, nachdem der Hohenemser Stadtrat das Projekt mit nur einer Ja-Stimme abgelehnt hatte.

Gesetz im Visier

In der Beschwerde hat sich Anwalt Doshi auf das Vorarlberger Sittenpolizeigesetz eingeschossen. Vor allem stößt er sich an der dort formulierten Grundhaltung, dass die BH nur dann ein Bordell genehmigen darf, „wenn dies geeignet erscheint, durch gewerbsmäßige Unzucht hervorgerufene Störungen einzuschränken“. Des Weiteren ortet Doshi eine Verletzung des Rechts auf Erwerbsausführungsfreiheit sowie eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.

Die Szenarien

Als Vertreterin von Österreichs höchstem Verfassungsgremium ist die 57-jährige Richterin Claudia Kahr für die Beschwerde zuständig. „Ich habe mich schon mit der Materie vertraut gemacht“, verriet die Juristin den VN. Es sei nun ihre Aufgabe, einen Entscheidungsentwurf auszuarbeiten und diesen dann dem Plenum des Verfassungsgerichtshofes zur Bewertung vorzulegen. Folgende Szenearien seien dann möglich: „Es kann die Befassung mit dem Fall dort abgelehnt werden, weil er nicht als Verfassungsfrage angesehen wird. Es kann der Fall in einem kleineren Plenum behandelt werden, es kann der Fall aber auch im großen Plenum bis zu einer Entscheidung diskutiert werden“, erläutert die angesehene Juristin.

Fan von Dohnal

Ihrer Einschätzung nach handelt es sich bei der Beschwerde jedoch um eine Angelegenheit, „die man sich schon genauer anschauen muss. Es geht hier meiner Meinung nach um eine grundrechtliche Frage. Ich neige zu der Ansicht, dass die Sache im großen Plenum behandelt wird.“ Kahr, die auch im Aufsichtsrat der Asfinag sitzt und in jungen Richter-Jahren schon im Verfassungsdienst bei den Kanzlern Kreisky und Sinowatz arbeitete, gilt als sehr liberal eingestellt. „Ich würde leugnen, wenn ich in Abrede stellte, dass mich Ex-Frauenministerin Johanna Dohnal sehr beeindruckte. Ohne sie wären bestimmte Funktionen für Frauen heute wohl nicht so unumstritten“, räumt sie ein. Kahr ist seit 1999 am Verfassungsgerichtshof tätig.

Allgemein anerkannt ist sie als hervorragende Juristin. „Sie können sich sicher sein, dass ich nach dem strengen Maßstab der Judikatur diesen Fall behandeln werde“, lässt die gebürtige Steirerin keinen Zweifel darüber aufkommen, in welcher Art sie die Beschwerde über den abschlägigen Behördenbescheid für eine Bordell-Genehmigung in Vorarlberg zu bewerten gedenkt. „Emotionen haben bei einem solchen Thema nichts verloren.“

Diese Sache wird man sich meiner Meinung nach genauer anschauen müssen.

Claudia Kahr, Verfassungs­richterin