Erbitterter Kampf um ein Erbe

Vorarlberg / 12.04.2013 • 18:42 Uhr
Sachwalter Artur Kathan legte sich mit dem Bürgermeister-Ehepaar von Fraxern an. Foto: vn/steurer
Sachwalter Artur Kathan legte sich mit dem Bürgermeister-Ehepaar von Fraxern an. Foto: vn/steurer

Mit ungültiger Verzichtserklärung wollte Bürgermeister-Gattin an Vermögen kommen.

Fraxern. Eine Verlassenschaft mit einem ungefähren Wert von 350.000 Euro sorgt in Fraxern für Turbulenzen. Hauptakteure dabei: die Bürgermeistersgattin, ein Sachwalter und die Notariatskanzlei Schmölz. Höhepunkt des Erbstreits: Die Nichte eines 83-jährigen Witwers und Ehefrau des Fraxner Bürgermeisters Reinhard Nachbaur machte mithilfe einer ungültigen Erbverzichtserklärung zusätzliche Ansprüche im Wert von rund 280.000 Euro (Anteil an Liegenschaften plus Barvermögen) geltend.

Tatsächlich hatte der Witwer Anton S. ein Papier unterschrieben, durch das er auf das Erbe seiner verstorbenen Frau zugunsten der Nichte verzichtete. Pech nur für Frau N.: Der Witwer war zum Zeitpunkt der Unterschrift nachweislich dement. Aber selbst ein gerichtliches Gutachten, welches die Geschäftsunfähigkeit von Anton S. bei der Unterschriftsleistung bestätigte, hinderte Frau N. nicht daran, die Verzichtserklärung in den Verlassenschaftsakt hineinzureklamieren. „Für mich war er nicht dement, und ich kann das beurteilen, weil ich ihn auch betreute“, behauptet Frau N. noch heute.

Streit mit Notariat

Eine weitere Ebene des Konflikts liegt in der Auseinandersetzung des Sachwalters von Anton S., Artur Kathan, mit der die Verlassenschaft durchführenden Notariatskanzlei Schmölz. Kathan wirft der Kanzlei Parteilichkeit und Unregelmäßigkeiten bei der Vermögensaufstellung vor. Auch habe der pensionierte Senior-Chef des Büros, Peter Schmölz, das Verfahren geleitet. Vorwürfe, die von der Kanzlei Schmölz freilich dementiert werden. Mit Anzeigen bei der Notariatskammer und beim Bezirksgericht blitzte Kathan ab.

Allerdings: Der Akt wird nun von Dr. Johannes Egel bearbeitet. Jener Notar, der vom Gericht aufgrund der Zuteilung ursprünglich für den Fall eingeteilt war – aufgrund der Initiative von Frau N. jedoch durch die Kanzlei Schmölz ersetzt wurde. Bemerkenswertes Detail: Die Kanzlei Schmölz ist Geschäftspartner der Gemeinde Fraxern.

„Wusste nur von Girokonto“

Rosa S. verstarb 92-jährig am 11. März 2011. Zusammen mit ihrem Gatten Anton hatten sie im Laufe ihres Ehelebens ein gemeinsames Vermögen, bestehend aus Liegenschaften, Wertpapieren und Bargeld, in Höhe von über 700.000 Euro aufgebaut.

Noch bevor die Fraxnerin verstarb, wurde ihr Erbe zum Objekt der Begierde. Eine Woche vor ihrem Tod verfasste die 92-Jährige ein knappes handgeschriebenes Testament, in dem sie die Gattin des Fraxner Bürgermeisters als Universalerbin einsetzte. Das Testament machte die Erblasserin zu Hause. Es wurde später von Reinhard Nachbaur zu einem Bregenzer Anwalt – auch er ein Geschäftspartner der Gemeinde Fraxern – gebracht. Der Bürgermeister hatte bereits „seit ungefähr Sommer 2010“ (Aussage Nachbaur) die finanziellen Tagesgeschäfte der betagten Frau erledigt. Vom Barvermögen und den Wertpapierdepots will er laut Auskunft gegenüber den VN nichts gewusst haben. „Ich wusste nur vom Giro-Konto der Rosa. Mit diesem habe ich ihre routinemäßigen Bankgeschäfte erledigt.“

Sehr aktiv

Gleich nach dem Tod der Frau wurde Frau N. sehr aktiv. So kam es zur Erstellung der vom dementen Anton S. unterschriebenen Erbverzichtserklärung bereits am 15. April 2011, nur gut einen Monat nach Rosas Tod. Am 7. Juni 2011 erschien Anton S. mit seiner Nichte in der Notariatskanzlei Schmölz. Die Frau legte dem pensionierten Senior-Notar Dr. Peter Schmölz die Erbverzichtserklärung vor. Nicht nur aus formalrechtlichen Gründen nahm Schmölz diese Erklärung nicht an. Er äußerte darüber hinaus auch Bedenken zur Geschäftsfähigkeit des Witwers. Bei Anton S. waren schon seit Längerem Anzeichen von Demenz erkennbar.

Sachwalter bestellt

Als Konsequenz daraus wurde am 23. August 2011 Artur Kathan vom Bezirksgericht Feldkirch als Sachwalter für den 81-jährigen Mann bestellt.

Danach eskalierten die Dinge. „Mir wurde bei der ersten Tagsatzung der Verlassenschaftsabhandlung vonseiten des Notars Schmölz erneut kommentarlos die ungültige Erbverzichtserklärung als Teil des Akts vorgelegt. Da­rüber hinaus eine Vermögensaufstellung mit einer falschen Zuordnung der meisten Konten“, empört sich Kathan. Tatsächlich waren neun der insgesamt zwölf Wertpapierdepots bzw. Einlagebücher in der vom Notar präsentierten Vermögensaufstellung ausschließlich Rosa S. zugeordnet. In den Auskunftspapieren der Bank war hingegen von Mehrfach-Verfügungsberechtigung die Rede bzw. wurde explizit darauf hingewiesen, dass die Verstorbene Konten mit noch einer weiteren Person unterhielt. Clemens Schmölz, dessen Vater die Verlasssenschaftsabhandlung nach Rosa S. führte, zu den Vorwürfen: „Es handelte sich bei dieser Vermögens­aufstellung erst um einen Entwurf, ein Arbeitspapier. Nichts, was wir bereits an das Gericht geschickt hätten. Da­rüber hinaus wird dort ja alles noch einmal genau geprüft.“ Mit einer Disziplinaranzeige gegen die Kanzlei blitzte Kathan bei der Notariatskammer ab. Ebenso beim Bezirksgericht Feldkirch, wo der Sachwalter die Korrektheit der Verlassenschaftsabhandlung in Abrede stellte.

Doch bei Egel

Der Konflikt ging weiter. Erst bei der dritten Abhandlungssitzung am 27. 2. 2012 kam es zu einer von allen anerkannten Vermögensaufstellung. Unstimmigkeiten über die Aufteilung des Liegenschaftsvermögens führten aber dazu, dass kein Abschlussprotokoll unterschrieben wurde.

Weil sich die Erben nicht einigten, wurde der Akt am 4. April 2012 der Kanzlei Schmölz entzogen – und landete, wie ursprünglich vorgesehen, bei Dr. Johannes Egel. Fertig abgehandelt ist er bis heute nicht.

Erbverzichtserklärung von Anton S. Der Mann war dement.
Erbverzichtserklärung von Anton S. Der Mann war dement.
Sachverständigen-Gutachten: Frau N. nahm dieses nicht zur Kenntnis.
Sachverständigen-Gutachten: Frau N. nahm dieses nicht zur Kenntnis.