Das Rendezvous mit dem Himmel

In schwindelerregender Höhe jongliert Andi Gritsch am Karren mit „schweren Brocken“.
Dornbirn. Wer will nicht in den Himmel kommen? Andreas Gritsch (50) aus dem Pitztal macht sich derzeit täglich dahin auf. An der Karren-Bergstation besteigt der kernige Tiroler die Führerkabine seines über 20 Meter hohen Krans. Schenkt ihm die Natur einen strahlend schönen Tag wie den gestrigen, ist Innehalten angesagt. „Dann muss ich mich zuerst einfach nur hinsetzen und schauen. Diese Aussicht. Sie ist traumhaft. Der Bodensee, die Siedlungen, das Grün. So etwas musst du genießen. Auch wenn’s nur kurz ist. Weil ich bin ja schließlich hier, um zu arbeiten.“ Das macht er auch. Von 7 Uhr in der Früh bis um 17 Uhr am Nachmittag sitzt er in seinem Kabäuschen und betätigt dort jene Hebel, mit denen Lasten bis zu 18 Tonnen über dem Abgrund schweben, um dann punktgenau auf die entsprechenden Stützpfeiler gesetzt zu werden.
„Nur aufpassen“
So geschehen vor knapp zwei Wochen, als Andi Gritsch eine große Wirtshausstube von A nach B durch die Luft manövrierte. Tunlichst darauf bedacht, sie nicht auf Dornbirn plumpsen zu lassen. „Das ist ja eine atemberaubende Mission“, sagt ihm der Laie. Doch, ganz Profi, winkt der Pitztaler ab. „Aber nein. Du musst nur aufpassen. Dann kann gar nichts passieren.“
Problem Wind
Angst habe er grundsätzlich keine. Auch wenn sich die eine oder andere mulmige Situation nicht immer vermeiden lässt. Wie zum Beispiel jene am 11. April, als das 18 Tonnen schwere Fertigteil millimetergenau aufgesetzt wurde. „Es gab zuerst Wind mit Spitzen bis zu 60 km/h. Da kann’s gefährlich werden. Weil sowohl das Transportteil ins Schwingen geraten kann, als auch der Kranturm.“ Glücklicherweise hörte der starke Wind auf zu blasen. Die Arbeiten konnten planmäßig durchgeführt werden.
Eröffnung am Muttertag
Als Kranführer ist Andi Gritsch ein Spätberufener. Ursprünglich im Gastgewerbe tätig, wechselte er später in die Baubranche. Dort war er viele Jahre Lkw-Fahrer. „Aber das wurde mir zu langweilig. Kräne haben mich schon immer fasziniert. Also ließ ich mich entsprechend ausbilden. Seit zwei Jahren mache ich nun diesen Job.“ Die Baustelle am Karren sei für ihn die bisher herausforderndste. Der vierfache Vater fährt jeden Tag vom heimischen Pitztal nach Dornbirn zur Arbeit und am Abend wieder nach Hause. Für das tägliche Rendezvous mit dem Himmel will er ausgeschlafen im eigenen Bett anrücken.
Andi Gritschs Höchstleistung ist wie jene von all den anderen Arbeitern an der nicht alltäglichen Baustelle notwendig. Das Werk will seine Meister loben – und soll vor allem bis zum Muttertag fertig werden. Für diesen Tag ist das erweiterte Restaurant schon bis auf den letzten Platz ausgebucht.
Diese Aussicht ist traumhaft. Aber ich bin halt hier, um zu arbeiten.
Andreas Gritsch