Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Die Macht der Normen

Vorarlberg / 19.09.2013 • 21:06 Uhr

Vor einigen Wochen habe ich in meinem Kommentar die „Entmachtung der Parlamente“ kritisiert, dass Normungsinstitute durch die Erarbeitung von technischen Vorschriften vom Stiegengeländer bis zur notwendigen Parkplatzbreite Angelegenheiten regeln, ohne dass dies von eigentlich dafür zuständigen demokratisch gewählten Parlamenten und den verantwortlichen Regierungen kontrolliert wird.

Die Reaktionen darauf waren außergewöhnlich vielfältig. Neben einigen zustimmenden Kommentaren hat mir auch das österreichische Normungsinstitut geschrieben. Das Normungsinstitut verweist darauf, dass an der Erarbeitung der Normen Hunderte Experten aus allen Bundesländern beteiligt seien. Nichts anderes habe ich behauptet. Meiner Kritik, dass die Normen von den Unternehmen erst käuflich erworben werden müssten, wurde entgegengehalten, dass ohnehin niemand alle Normen benötige. Das ändert natürlich nichts daran, dass es verfassungswidrig ist, von den Bürgern Geld zu verlangen, damit sie sich über die maßgeblichen Vorschriften überhaupt Kenntnis verschaffen können.

Sogar das schweizerische Normungsinstitut kam seinen von mir bedrängten Kollegen in ihrer Not zu Hilfe und verwies darauf, wie brauchbar die Normen etwa in der Bauwirtschaft seien. Auch das habe ich nicht bestritten.

Es ist mir in meinem Kommentar vielmehr darum gegangen, die Politik wachzurütteln. Sie sollte nicht pauschal auf die von privaten Instituten erarbeiteten Vorschriften verweisen, ohne diese genau geprüft zu haben. Sie sollte sich damit befassen, über welche guten und neuen Vorschriften sich ihre Experten verständigen. Insoweit hat die Kritik an meinem Kommentar ordentlich daneben gezielt.

Die Normen regeln ja längst nicht mehr „nur“ technische Bauvorschriften, was ja noch sinnvoll sein mag. Es gibt mittlerweile auch schon Normen vom Rettungswesen bis zur Bodenbeschaffenheit von Grundstücken und vieles mehr, die für die im Einzelfall befassten Sachverständigen in der Praxis maßgebliche Entscheidungsgrundlagen darstellen. Die bürokratische Anwendung von Normen geht häufig zu Lasten der Abwägung im Einzelfall. Sie kann auch ehrenamtliche Tätigkeiten so erschweren, dass sie unattraktiv werden. Das kann dann wirklich teuer werden.

peter.bussjaeger@vn.vol.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
Die VN geben Gastkommentatoren Raum, ihre persönliche Meinung zu äußern.
Sie muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.