Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Keine Moralfrage

Vorarlberg / 26.12.2013 • 18:36 Uhr

Prostitution darf in Vorarlberg nur in bewilligten Bordellen ausgeübt werden, außerhalb solcher Etablissements ist sie verboten. Da der Gemeindevorstand zuständige Behörde ist, hat es wegen erwarteter Proteste der Wählerinnen und Wähler bisher noch keine Gemeinde gewagt, ein Bordell zuzulassen, auch wenn manche Gemeinden mit der Verlockung auf angeblich üppige Steuereinnahmen geködert wurden.

Das Prostitutionsverbot in Vorarlberg ist schon häufig als Ausdruck alemannischer Scheinmoral kritisiert worden. Natürlich wird kein Verbot das älteste Gewerbe der Welt zum Verschwinden bringen. Es gibt daher eine heimliche Prostitutionsszene in Vorarlberg. Außerdem machen Lokale in der Schweiz oder im benachbarten deutschen Grenzraum erfolgreich Werbung um Kunden in Vorarlberg.

Trotzdem geht die Entscheidung des Vorarlberger Gesetzgebers zumindest in die richtige Richtung: Prostitution ist beispielsweise im liberalen Vorzeigeland Schweden verboten und Frankreich ist nunmehr gefolgt. Die Unterschiede gegenüber der Vorarlberger Regelung bestehen lediglich darin, dass die Prostitution dort gänzlich verboten ist und nicht die Prostituierten, sondern die Freier bestraft werden.

Es geht beim Prostitutionsverbot nicht um vielleicht antiquierte Moralvorstellungen, wie einige Politiker meinen, die sich besonders liberal geben wollen, sondern um das Verbot von Gewalt, Ausbeutung und Erniedrigung. Es wird geschätzt, dass lediglich ein verschwindender Prozentsatz der Sex-Arbeiterinnen diesen „Beruf“ freiwillig ausübt. Die meisten der Frauen wurden in die Prostitution gezwungen, noch als halbe Kinder in den Westen verschleppt und mit Drogen und Gewalt gefügig gemacht.

Wer sich durch irgendwelche Vorzeigebordelle etwas vormachen lässt, ist ziemlich leichtgläubig. Wer mit einem Bordell Steuereinnahmen erhöhen will, handelt schäbig. Jeder Politiker in jeder Gemeinde sollte sich schämen, aus Gewalt gegenüber Frauen und ihrer Erniedrigung Profit zu ziehen.

Das Argument, dass sich Prostitution sowieso nie verhindern lässt, zählt auch nicht: Auch Diebstahl, Betrug und Mord wird es immer geben und trotzdem denkt niemand daran, diese Taten zu legalisieren.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus in Innsbruck.
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