Krimi um das Mutschler-Erbe

Vorarlberg / 27.06.2014 • 18:25 Uhr
Am LG Salzburg werden erneut die Akten in Sachen Testamentsaffäre aufgelegt, auch Kurt T.s Anwalt Nicolas Stieger wird das tun. VN/HB
Am LG Salzburg werden erneut die Akten in Sachen Testamentsaffäre aufgelegt, auch Kurt T.s Anwalt Nicolas Stieger wird das tun. VN/HB

Das Filet-Stück in Sachen Brisanz ist beim Testamentsprozess für Überraschung gut.

Salzburg. Die mit den dunklen Schatten der unseligen Nazi-Zeit behaftete Konstruktion eines falschen Testaments des am 5. Oktober 2004 verstorbenen kinderlosen Willi Mutschler aus Lustenau wird bei der teilweisen Neuauflage des Testamentsprozesses am Landesgericht Salzburg im Mittelpunkt stehen. Das mit viel Raffinesse und großer krimineller Fantasie hergestellte Dokument wurde auf den März 1944 zurückdatiert. Es hätte Mutter und Tante der suspendierten Gerichtspräsidentin Kornelia Ratz zu 50 Prozent-Erben gemacht, die restlichen 50 Prozent der Hinterlassenschaft mit einem Gesamtwert von 540.000 Euro wären an zwei Legatare gegangen.

Keine Befugnis

Laut Anklage hat Ratz ein gefälschtes Testament in Auftrag gegeben, freilich ohne Berücksichtigung von Legataren. Der vom Erstgericht im Juli 2012 gefällte Schuldspruch gegen die Richterin wegen Amtsmissbrauch wurde im Oktober 2013 vom OGH gekippt und der Fall zur Neuverhandlung an das Landesgericht Salzburg zurückverwiesen. Der Hauptbeschuldigte Jürgen H. (50) legte ein umfassendes Geständnis ab und wurde von einem Teilbereich der Tat vom OGH sogar freigesprochen. Dieser betraf den Vorwurf des Amtsmissbrauchs bei der grundbücherlichen Einverleibung der gefälschten Verlassenschaft. Begründung: Jürgen H. habe bei der Grundbucheintragung nur als Vollzugsorgan gehandelt. Er habe keine Befugnis darüber besessen, die Anordnung zum Grundbucheintrag zu überprüfen. Weil er dafür keine Befugnis hatte, konnte er diese auch nicht missbrauchen und somit keinen Amtsmissbrauch begehen. Demnach konnte ihn Kornelia Ratz auch nicht zum Missbrauch bestimmen. So die Begründung, warum auch ihr Schuldspruch aufgehoben wurde.

Doch Betrug?

Erledigt ist die Causa für die jegliche Vorwürfe abweisende Beschuldigte deswegen noch lange nicht. So wollen die Höchstrichter Folgendes geprüft sehen: Hat Ratz womöglich den in dieser Sache verurteilten Clemens M. (55) zum Amtsmissbrauch bestimmt, indem sie auf Basis des gefälschten Mutschler-Testaments die schriftliche Abhandlung der Verlassenschaft für ihre Mutter und Tante vorgenommen hat und beim Rechtspfleger der Außerstreitabteilung, Clemens M., die Einantwortung beantragte? Weiters schreibt der OGH: „Sollte sich ein Wissen der Mag. Kornelia Ratz um vorsätzlichen Fehlgebrauch der Befugnis durch Clemens M. im weiteren Verfahren nicht nachweisen lassen, käme allenfalls ein Schuldspruch wegen schweren Betrugs in Betracht.“

Die Legatare

Im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs droht Ratz eine empfindlich höhere Haftstrafe als jene, welche sie im Ersturteil ausfasste: zweieinhalb Jahre, davon zehn Monate unbedingt. Wiederholt hatte Kornelia Ratz behauptet, das Mutschler-Testament mit Ausnahme der Legats-Verfügungen für echt gehalten zu haben.

Willi Mutschler sei 1944 als geistig behinderte Person quasi genötigt worden, ein Testament aufzusetzen, das auch bekennende Nationalsozialisten zu Nutznießern mache. Er habe so einer drohenden Euthanasie entrinnen wollen.

Anna Ida Grabher (Mutter des früheren Lustenauer Bürgermeisters Hans-Dieter Grabher) und Marie Juretschke seien Nazis gewesen. Sie habe diese Legate bekämpft „um nicht dem Nationalsozialismus zum Durchbruch zu verhelfen“ (Ratz wortwörtlich bei der Erstverhandlung). Unter anderem schrieb Ratz dem Lustenauer Bürgermeister einen scharfen Brief, in dem sie diesen zur Aufgabe von Ansprüchen auf das Legat aufforderte. Markus H., der als Legat-Nehmer des Anteils von Marie Jureschke seinem Bruder Jürgen H. zu Diensten war, wurde von Ratz massiv unter Druck gesetzt.

Mit dieser Darstellung  blitzte die suspendierte Richterin beim Vorsitzenden der Erstverhandlung, Andreas Posch, ab. Er hielt ihre Aussagen für unglaubwürdig.

Krimi um das Mutschler-Erbe
Kornelia Ratz wird für einen Freispruch kämpfen.   VN/Pfarrhofer
Kornelia Ratz wird für einen Freispruch kämpfen.   VN/Pfarrhofer