Überflüssige Posten
Vom Wiener Stadtschulratsvizepräsidenten hat bis vor wenigen Wochen wohl kaum jemand etwas gehört. Auch mir war die Funktion unbekannt. Zu meiner Überraschung konnte ich in der Bundesverfassung lesen, dass in den nach der Einwohnerzahl fünf größten Ländern Österreichs ein Landesschulratsvizepräsident bzw. in Wien eben ein Stadtschulratsvizepräsident bestellt werden muss. Wir können davon ausgehen, dass Österreich das einzige Land der Welt ist, in dem die Verfassung so etwas wie einen Landesschulratsvizepräsidenten vorsieht.
Wahrscheinlich hätten wir auch in Zukunft nie etwas von dieser, immerhin mit etwa 4000 Euro monatlich gar nicht schlecht bezahlten Stelle gehört, wäre nicht von der FPÖ, der nach der Wiener Stadtverfassung als zweitgrößter Partei in Wien ein Vorschlagsrecht für den Posten zukommt, ein 21-jähriger Student nominiert worden. Aufgrund diverser fragwürdiger rechtslastiger Äußerungen des Betreffenden lehnte es Bürgermeister Häupl allerdings ab, den Vorgeschlagenen zu ernennen.
Der dadurch hervorgerufene Wirbel war enorm. Da die Funktion angeblich weder mit besonders viel Arbeit noch großer Verantwortung verknüpft sein soll, fragen sich viele, warum man überhaupt einen Stadtschulratsvizepräsidenten braucht. Solange brave Parteisoldaten aller Farben den Posten besetzten, hatte sich diese Frage allerdings niemand gestellt. Mittlerweile wünscht sich die Stadt Wien sogar die ersatzlose Abschaffung des Stadtschulratsvizepräsidenten und hat den Bund gebeten, die Verfassung zu ändern. Das ist sicherlich keine schlechte Idee und würde dem Steuerzahler zwar keine große, aber immerhin eine gewisse Summe Geld ersparen.
Allerdings müsste der Bund gar nicht in Aktion treten: In Vorarlberg hat das für die Bildung zuständige Mitglied der Landesregierung schon immer gleichzeitig die Funktion eines Landesschulratspräsidenten eingenommen. Tirol macht das neuerdings auch so. Diese Personalunion erspart den Steuerzahlern noch mehr Geld, ganz abgesehen davon, dass es in diesen Ländern schon gar keine Vizepräsidenten gibt. Nichts würde Wien und die anderen Länder hindern, es Tirol und Vorarlberg nachzumachen.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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