Vienna Calling
Das österreichische Bundesheer leidet an einem von niemandem bestrittenen absurd hohen Personalstand in der Verwaltung. Die nahezu 1000 Beamten allein im Verteidigungsministerium würden ausreichen, eine militärische Großmacht zu verwalten. 2012 stellte der Rechnungshof fest, dass für etwa 2000 Bedienstete in der Verwaltung (Beschäftigte zu sagen, wäre wohl übertrieben) keine Arbeit vorhanden ist. Eine ebenso hohe Zahl an Mitarbeitern erhält außerdem höhere Bezüge als es der „Wertigkeit des Arbeitsplatzes“ entspricht, wie es der Rechnungshof nobel formulierte. Mit anderen Worten: Sie sind überbezahlt.
Merkwürdigerweise setzen die Einsparungsbemühungen vor allem an den Kasernen in eher abgelegenen, alpinen Regionen an und an der Militärmusik, die von neun Kapellen auf vier reduziert werden soll.
Es verwundert natürlich nicht, dass von manchen Zentralisten auch einmal mehr die Militärkommanden in den Ländern, die besonders im Katastrophenfall wichtige regionale Ansprechpartner sind, infrage gestellt werden. Vor ein paar Tagen hat mich der ehemalige Pressesprecher eines früheren österreichischen Bundeskanzlers in einer Twitter-Diskussion gefragt, ob die Landeshauptleute denn nicht in der Lage sind, eine Telefonnummer in Wien anzurufen.
Genau darum geht es: Wer im Ernstfall auf eine Telefonnummer im Verteidigungsministerium angewiesen ist, kann eigentlich schon aufgeben. Er wird vermutlich niemanden erreichen, denn im Ernstfall sind auch die sonst Unterbeschäftigten ausgelastet. Wenn doch, wird der Gesprächspartner womöglich nicht zuständig oder nicht in der Lage sein, allein die erforderlichen Entscheidungen zu treffen.
Aus diesem Grund bedarf es in den Ländern eines straffen, aber ausreichenden militärischen Apparats, der im Krisenfall erstens Entscheidungen treffen und zweitens auch Kapazitäten zur Katastrophenbewältigung bereitstellen kann. Ganz abgesehen davon, könnten auch einmal Bedrohungssituationen eintreten, an die wir derzeit noch gar nicht denken wollen.
Demgegenüber scheint der belächelte Verlust der Militärmusik auf den ersten Blick undramatisch. Um ein Symbol dafür, dass dem Land Vorarlberg von der Zentrale keine allzu große Bedeutung beigemessen wird, handelt es sich trotzdem.
peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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