“Solange die Gleichstellung nicht da ist, ist es nicht der richtige Weg, Frauen zu verpflichten”

Politik / 12.09.2025 • 14:30 Uhr
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Verteidigungsministerin Klaudia Tanner war bei den VN zu Gast. VN/Paulitsch

Die Verteidigungsministerin spricht sich gegen eine Wehrpflicht für Frauen aus. Allerdings entscheide sie nicht alleine über diese Frage.

Schwarzach Der Spardruck ist überall. Mit einer Einschränkung: Das Verteidigungsministerium pumpt kräftig Geld in das Bundesheer. Wofür und weshalb es dieses Geld braucht, wie es mit der Wehrpflicht weitergeht und wie die internationale Sicherheitslage aussieht, erläutert Verteidigungsministerin Klaudia Tanner im Interview in der Sendung Vorarlberg LIVE.

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Die Pensionen werden nicht komplett ausgeglichen, die Sozialhilfe soll geändert werden, überall wird gespart. Nur beim Bundesheer scheint der Geldhahn offen zu sein. Stimmt der Eindruck?

Klaudia Tanner Wichtig ist, dass wir mit unserem Aufbauplan 2032 plus das Bundesheer zu einem modernen Heer machen, das die Österreicherinnen und Österreicher schützen kann. Aber auch wir müssen sparen, nur eben nicht im Aufbauplan. Wir schauen, dass wir bei Auftragsvergaben, Dienstreisen, im administrativen Bereich sparen können. Und dass es nicht die Truppe trifft.

Eines der Ausbauziele sind die autarken militärischen Einrichtungen, früher als Sicherheitsinseln bezeichnet. Eine davon ist die Walgau-Kaserne, es sollte noch heuer so weit sein. Geht sich das aus?

Tanner Wir sind auf sehr gutem Weg. Es fehlen noch die größeren Notstromaggregate, das dauert noch etwas. Aber es geht sich bis Ende des Jahres auf jeden Fall aus.

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Tanner: “Es fehlen noch die größeren Notstromaggregate, das dauert noch etwas. Aber es geht sich bis Ende des Jahres auf jeden Fall aus.” VN/Paulitsch

Das “Profil” berichtete kürzlich, dass von 100 geplanten Einrichtungen erst 14 autark sind. Schaffen es die anderen 86 heuer noch?

Tanner Ja, es gibt keinen Grund daran zu zweifeln.

Welche Investitionen sind in Vorarlberg sonst vorgesehen?

Tanner Ein Bereich ist eben die Infrastruktur. Der zweite Bereich sind die Soldatinnen und Soldaten selbst. Da geht es um neue Uniformen, Kampfstiefel, die Bewaffnung mit einem neu modifizierten Sturmgewehr und neue Kommunikationseinrichtungen. Der dritte Bereich ist die Mobilität. Bekannt ist ja, dass wir neue Hubschrauber besorgt haben und gepanzerte Fahrzeuge beschaffen.

Der ehemalige Rossstall in der Bregenzer Kaserne soll zu einem Musikprobelokal umgebaut werden. Die Eröffnung war für Ende 2024 geplant. Wie weit sind Sie?

Tanner Das ist ein sehr schönes Projekt, an dem man sieht, wie gut zivile und militärische Einrichtungen zusammenarbeiten. Wir haben momentan sehr viele Baustellen, nicht nur in Vorarlberg. Wir schauen, dass wir möglichst rasch vorankommen.

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Tanner: “Wir haben momentan sehr viele Baustellen, nicht nur in Vorarlberg. Wir schauen, dass wir möglichst rasch vorankommen.” VN/Paulitsch

Eine Kommission setzt sich derzeit mit der Zukunft des Grundwehrdiensts auseinander, unter anderem mit der Frage, ob die Wehrpflicht auch für Frauen gelten soll. Wie sehen Sie diese Idee?

Tanner Der Auftrag an die Kommission lautet, bis Ende des Jahres drei Vorschläge zu erarbeiten, mit denen wir uns dann intensiv beschäftigen. Die Kommission ist in ihrer Arbeit durchaus frei. Aber gerade, was die Wehrpflicht für Frauen angeht, habe ich einen sehr konkreten Zugang. Solange wir keine Gleichberechtigung auf allen Ebenen haben, ist es viel wichtiger, die Bemühungen zu verstärken. Der freiwillige Grundwehrdienst greift schon, den Anteil von Soldatinnen haben wir erhöhen können. Auch in den Führungspositionen.

Sollte die Kommission also die Wehrpflicht für Frauen vorschlagen, werden Sie den Vorschlag zurückweisen.

Tanner Nein, das wird nicht von mir entschieden. Mit dem Thema muss sich die gesamte Bundesregierung befassen, am Ende muss das Parlament die Gesetzesänderungen beschließen. Aber persönlich bin ich zutiefst davon überzeugt, solange die Gleichstellung nicht da ist, ist es nicht der richtige Weg, Frauen zu verpflichten.

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Tanner: “Persönlich bin ich zutiefst davon überzeugt, solange die Gleichstellung nicht da ist, ist es nicht der richtige Weg, Frauen zu verpflichten.” VN/Paulitsch

Wie stehen Sie zu einer Verlängerung des Grundwehrdienstes?

Tanner Er steht nicht im Regierungsprogramm. Das heißt, das dürfte sehr herausfordernd werden. Die Kommission wird jetzt die Vorschläge erarbeiten und vielleicht schon früher präsentieren. Ich höre, dass sie gut vorankommt.

Diese Woche sind russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen. Was bedeutet das für Sie?

Tanner Wir sehen, dass wir uns der Luftverteidigung intensiv widmen müssen. Wir sind etwa European Sky Shield beigetreten und haben den Skyranger beschafft. Wir werden uns auch in dieser Legislaturperiode mit der Nachbeschaffung der Eurofighter beschäftigen müssen, weil sie spätestens Ende 2035 ausscheiden.

Was bedeutet die Aktion Russlands für die internationale Sicherheit?

Tanner Sie wird in den Friedensbemühungen nicht helfen. Und sie zeigt, dass wir uns in Österreich und ganz Europa vorbereiten müssen, um uns verteidigen zu können.

Russland führt jetzt auch an der Grenze zu Polen eine Militärübung durch. Polen ist EU-Land. Ist Österreich für einen möglichen Beistand gerüstet?

Tanner Wenn man in der Früh das Radio aufdreht, Fernsehnachrichten schaut oder Zeitung liest, kann einem das schon Angst machen. Aber Angst ist nie der richtige Ratgeber. Sollte der Fall des Beistands eintreten, müssen wir die Situation bewerten. Wir haben als neutraler Staat immer gezeigt, dass wir bereit sind, in Friedensmissionen unseren Beitrag zu leisten.

Würde sich Österreich auch an einer Friedensmission in der Ukraine beteiligen?

Tanner Wir sehen gerade, wie weit der Friede weg ist. Da ist es eher geboten, alles Diplomatische daranzusetzen, dass man zu einem Frieden kommt. Und erst dann kann man über eine Friedensmission sprechen. Aber wie gesagt, in der Vergangenheit haben wir immer gezeigt, dass wir unseren Beitrag leisten.

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Tanner: “Sollte der Fall des Beistands eintreten, müssen wir die Situation bewerten. Wir haben als neutraler Staat immer gezeigt, dass wir bereit sind, in Friedensmissionen unseren Beitrag zu leisten.” VN/Paulitsch

Zum Beispiel im Libanon. Wie gefährlich ist es dort momentan für unsere Soldatinnen und Soldaten?

Tanner Sie müssen immer wieder Schutzräume aufsuchen, leisten aber großartige Arbeit. Unser Kontingent ist insbesondere für die logistische Arbeit zuständig. Das bedeutet, wenn die Mission endet, werden unsere Soldatinnen und Soldaten wahrscheinlich unter den Letzten sein, die das Gebiet verlassen.

Wie oft müssen sie in den Luftschutzbunker?

Tanner Vor einigen Wochen war das tatsächlich sehr oft der Fall. Da haben sie teilweise Stunden in diesen Sheltern verbracht. Derzeit ist es ruhiger geworden.

Das Militärbefugnisgesetz soll dem Heeresnachrichtenamt mehr Befugnisse geben. Wie weit sind Sie mit dem Gesetz?

Tanner Der Entwurf wird derzeit mit dem Koalitionspartner verhandelt und ich bin guter Dinge, dass sich alle der Verantwortung bewusst sind und dem Nachrichtendienst bald die Instrumente in die Hand geben, die er braucht.

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Tanner: “Wir haben den Entwurf in die Koordinierung geschickt und ich bin guter Dinge, dass sich alle der Verantwortung bewusst sind und dem Nachrichtendienst bald die Instrumente in die Hand geben, die er braucht.” VN/Paulitsch