Melken rentiert sich nicht mehr

Vorarlberg / 07.09.2015 • 19:22 Uhr
Josef Moosbrugger hofft, dass Großküchen im Landesbereich vermehrt regionale Produkte verwenden. Foto: VN/Hartinger
Josef Moosbrugger hofft, dass Großküchen im Landesbereich vermehrt regionale Produkte verwenden. Foto: VN/Hartinger

Moosbrugger über Weltmarkt, Russland-Embargo und die Krankenhaus-Küche.

Schwarzach. Josef Moosbrugger kämpft als oberster Bauernverteter im Land gegen den niedrigen Milchpreis. Dieser decke nicht einmal die Produktionskosten ab. Zudem fordert Moosbrugger, dass die Politik dafür sorgt, dass Landeskantinen, wie die Zentralküche der Landeskrankenhäuser, regional, frisch und saisonal kochen.

Wie viel bekommt ein Vorarlberger Bauer derzeit für einen Liter Milch?

Moosbrugger: Das schwankt je nach Produktionsart. Für konventionelle Milch bekommt ein Landwirt 35 Cent. Mit Zuschlägen für Heumilch oder Bio geht es bis 50 Cent inklusive Mehrwertsteuer.

Deckt das die Kosten?

Moosbrugger: Nein. Der Preis liegt unter den Herstellungskosten.

Was kostet es, einen Liter Milch zu produzieren?

Moosbrugger: Das lässt sich schwer sagen, wieder je nach Produktionsart. Bei der Vorarlberger Struktur der Landwirtschaft mit vielen Bergen und kleineren Betrieben kann ein Liter Milch bis zu einem Euro kosten.

Der Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Produzieren unsere Bauern einfach zu viel Milch?

Moosbrugger: Naja, wirtschaftlich stimmt das schon. Der Preis ist in einem Jahr um 25 Prozent gesunken. Das Russland-Embargo hat die Nachfrage gesenkt, in Asien wird weniger Milch verkauft.

Exportieren Vorarlbergs Bauern nach Asien?

Moosbrugger: Nein. Aber der Markt ist so liberalisiert, der Preis passt sich weltweit an. Milch ist billig, unsere ist es aber nicht. Das ist das Problem. Wir heben uns eigentlich ab.

Wovon?

Moosbrugger: Es gibt kein anderes Land, in dem flächendeckend gentechnikfrei produziert wird. Wir haben hohe Standards. Das muss etwas wert sein.

Wem? Dem Handel oder den Konsumenten?

Moosbrugger: Unsere Erfahrung zeigt, dass die Konsumenten schon auf regionale Produkte setzen. Wir brauchen faire Preise im Handel.

Diese sind also nicht fair?

Moosbrugger: Beim Käse funktioniert es ganz gut. Bei der weißen Palette, also bei Milch oder Joghurt, fehlt das Bewusstsein. Es ist nicht fair, wenn man Milch mit Milch vergleicht. Man sollte den Mehrwert darstellen.

Auch bei anderen Produkten fällt der Preis. Der Trend geht zum Billigfleisch. Spüren das Vorarlbergs Bauern?

Moosbrugger: Sehr wohl. Wir spüren es im kompletten Sortiment. Ich lehne es ab, dass Lebensmittel als Lockangebote zu Schleuderpreisen herhalten müssen. Es muss doch ins Bewusstsein, dass regionale Lebensmittel etwas wert sind.

Ist auch die Politik gefordert?

Moosbrugger: Die Politik kann auf den Markt eigentlich keinen Einfluss nehmen. Aber sie sollte schauen, dass Landeseinrichtungen Produkte aus Vorarlberg verwenden.

Tut sie das nicht?

Moosbrugger: Es gibt Partner, die machen das, und es gibt Partner, da klappt das weniger gut.

Auch die Landeskrankenhäuser stehen derzeit deswegen in der Kritik. Von dort heißt es, im Land werde zu wenig für eine Großküche produziert.

Moosbrugger: Man sollte wieder mehr auf saisonale Produkte achten. Milch, Fleisch, Käse, Obst, Beeren. Wir haben eh alles, die Vielfalt ist da. Wir können nur nicht 365 Tage im Jahr alles bieten.

Außerdem mangelt es in Vorarlberg an Anbietern von Fertigprodukten, heißt es.

Moosbrugger: Es muss wieder frisch gekocht werden. Unsere Landwirtschaft ist nicht auf Fertigprodukte ausgerichtet.

Ist es Aufgabe von öffentlichen Einrichtungen, die Landwirtschaft am Überleben zu halten?

Moosbrugger: Nein. Aber wenn man die Ökoland-Strategie konsequent umsetzt, dann müssen öffentliche Einrichtungen auf regionale Produkte setzen. Außerdem sollten Küchen des Landes mit gutem Beispiel vorangehen.

Melken rentiert sich nicht mehr