“Das ist für uns bewältigbar”

Vorarlberg / 28.01.2016 • 20:01 Uhr
Für die Lustenauer Flüchtlingsbeauftragte Andrea Hollenstein (r.) ist Safaa Murat eine pflegeleichte Klientin.  Foto: VN/Hämmerle
Für die Lustenauer Flüchtlingsbeauftragte Andrea Hollenstein (r.) ist Safaa Murat eine pflegeleichte Klientin.  Foto: VN/Hämmerle

Es gibt kaum Probleme: Das sagen jene, die in Lustenau mit Flüchtlingen zu tun haben.

Lustenau. In Lustenau lehnt die FPÖ die Aufnahme von rund 80 weiteren Asylwerbern im Gebäude der ehemaligen „Blauen Sau“
beim Millennium-Kreisverkehr entschieden ab – die VN berichteten. Bürgermeister Kurt Fischer (52) sieht dem Zuzug der Flüchtlinge gelassen entgegen. Man wolle informieren und die entsprechenden Voraussetzungen dafür schaffen, dass es mit den Fremden keine Probleme gebe.

Private Helfer

Keine Probleme gibt es offenbar mit den bereits anwesenden 90 Asylwerbern beziehungsweise jenen 55 Personen aus Kriegsgebieten, die bereits ein Asylrecht bekommen haben. Sie sind laut Auskunft der Flüchtlingsbeauftragten der Gemeinde, Andrea Hollenstein (32), auch keine Fremden mehr. „Es existiert ein funktionierendes Netz von Gemeinde, Vereinen und vor allem vielen Privatpersonen, die sich für die Flüchtlinge engagieren“, sagt die ausgebildete Sozialarbeiterin, die vor ihrer Teilzeitstelle in Lustenau acht Jahre in Wien arbeitete.

Attraktion Sportvereine

Gerne nehmen die Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten vor allem die Angebote von Sportvereinen an. FC, Austria, die Turnvereine oder die Karatekas sind jene Orte, an denen die Kommunikation nicht nur über die Sprache läuft, daher sind sie sehr beliebt. Zum Erwerb der Sprache werden Sprachkurse und ein Sprachencafé angeboten.

„Doch die wichtigsten Sprachvermittler sind Privatpersonen, die sich der Flüchtlinge annehmen und mit ihnen Deutsch lernen“, berichtet Hollenstein. Noch immer würden sich bei ihr Personen melden und ihre Dienste als Sprachhelfer oder Freizeitgestalter für die Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Insgesamt 150 Ehrenamtliche setzen sich derzeit für die Asylanten ein. Organisatorische, aber keine disziplinären Probleme gibt es mit den Flüchtlingskindern in den Lustenauer Schulen. „Es ist halt nicht einfach, die Sprachprobleme zu lösen. Wir haben zwar viele türkische Übersetzer, aber noch keine arabischen“, sagt eine Mittelschullehrerin. Die Kinder seien von ihrem Verhalten her jedoch „genauso wie die unseren“. Auch polizeilich sind die Fremden praktisch nicht aufgefallen. Es habe einmal ein Autoritiätsproblem wegen der unberechtigten Nutzung eines Fahrrads gegeben, bei dem die Polizei vermittelnd eingeschritten war. Aber das sei auch schon alles gewesen, heißt es aus dem Umfeld der Polizeiinspektion.

Wertschätzung

Die meisten Flüchtlinge in Lustenau sind Syrer; einer von ihnen ist Safaa Murat. Die 35-Jährige kam mit ihrem Mann, einem Elektriker, und den drei Kindern aus der vom Krieg schwer getroffenen Stadt Homs. Seit Oktober ist die Englisch-Lehrerin hier und spricht schon hervorragend Deutsch. Zwei ihrer Kinder gehen in die Mittelschule, das Jüngste in den Kindergarten.

„Wir werden gut behandelt“, lächelt die Frau und spricht in höchsten Tönen von ihren Nachbarn. Einladungen, Gegeneinladungen und Hilfsbereitschaft prägen den Alltag. „Wir würden gerne in Lustenau bleiben“, sagt Safaa. „Aber im September müssen wir aus unserer jetzigen Wohnung raus.“

Dass nun weitere 80 Flüchtlinge nach Lustenau kommen, bereitet Andrea Hollenstein kein Kopfzerbrechen. Für sie steht außer Zweifel: „Das ist für uns bewältigbar.“

Es melden sich noch immer Lustenauer, die helfen wollen.

Andrea Hollenstein