Kampf dem blauen Dunst

Zwischen 11.000 und 14.000 Menschen pro Jahr sterben an den Folgen des Rauchens.
Schwarzach. In einem Punkt werden auch die überzeugtesten Raucher nicht widersprechen: Rauchen schadet der Gesundheit. Manche fangen deshalb gar nicht an, manche hören deswegen auf, manche schlagen alle Warnungen in den Dunst. Laut Experten der MedUni Wien sterben jährlich zwischen 11.000 und 14.000 Österreicher an den Folgen des Rauchens. Rund 700.000 Menschen in Österreich gelten als hochgradig tabakabhängig. Heute, Dienstag, ist Weltnichtrauchertag. Zu diesem Anlass präsentierte die MedUni fünf Maßnahmen, um diese Zahl zu senken.
Einige Schritte hat der Gesetzgeber bereits gesetzt. Das bekannteste Beispiel: Ab Mai 2018 darf in Gastronomiebetrieben nicht mehr geraucht werden. Wirte, die bis 30. Juni 2016 das Rauchen verbieten, dürfen als Belohnung allfällige Umbaumaßnahmen abschreiben. Andrew Nussbaumer ist Obmann der Vorarlberger Gastronomen in der Wirtschaftskammer und Betreiber des Palast-Restaurants in Hohenems. In der Kellerbar darf noch geraucht werden. Am 30. Juni ist Schluss. Bei kleineren Betrieben sei das anders, schildert Nussbaumer: „Die machen den Schritt erst am Schluss.“ Auch Restaurants, die Geld in die Trennung zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich gesteckt haben, würden teilweise warten.
Kein natürliches Bedürfnis
Günter Diem ist Gesundheitswissenschaftler und Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Public Health (ÖGPH). Sein Fazit: „Das Gesetz ist gut, aber es kommt zu spät.“ Er fordert, das Thema nicht auf der Ebene der Gastronomie oder der persönlichen Freiheit zu diskutieren. „Wir reden nicht über ein natürliches Bedürfnis, sondern über beinhartes Marketing der Tabakindustrie.“
Rund 15 Jahre brauche ein Körper, um sich von den Folgen des Rauchens zu erholen. Dies sei allerdings reine Statistik und von Mensch zu Mensch verschieden. Fix ist: Wer aufhört, wird innerhalb weniger Tage bis Wochen wieder mehr Luft bekommen. Die erhöhte Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist wenige Monate bis ein Jahr aufrecht. Um die Krebsgefahr wieder auf Normalzustand zu dezimieren, benötige es allerdings sehr lange. Dabei handle es sich nicht nur um Lungenkrebs, erklärt Diem: „Auch Kehlkopf-, Zungen- und Speiseröhrenkrebs sind Raucherkrankheiten.“ Von den fast 5000 Stoffen im Rauch seien ungefähr 90 Stoffe verdächtig, Krebs zu erzeugen.
Es beginnt im Kopf
Für die körperliche Abhängigkeit ist das Nikotin verantwortlich. Diese Sucht sei allerdings nach wenigen Tagen vorbei. „Dann greift die Gewohnheit“, schildert Diem. Also die Zigarette nach dem Aufstehen, in Stresssituationen, nach dem Kaffee. Um die Anzahl der Raucher zu minimieren, sei es nötig, in der Schule Gesundheitskompetenz zu fördern. Kurzfristig wäre es hilfreich, Zigarettenautomaten abzuschaffen, Kontrollen zu verstärken und Tabakwerbung zu verbieten – auch in Filmen und Serien. Grundsätzlich sei wahrnehmbar, dass die Akzeptanz des Rauchens massiv nachgelassen habe: „Nichtraucher nehmen es nicht mehr einfach so hin, wenn es irgendwo nach Rauch stinkt.“ Eine Beobachtung, die Nussbaumer teilt: „Klar werden einige Raucher nicht mehr zu uns kommen. Aber wir haben Besucher, die im Restaurant sitzen und vor oder nach dem Essen nicht in die Bar gehen, weil geraucht wird.“ Der Nichtraucher sei sensibler geworden.
700.000 schwer abhängige Raucher in Österreich, das ist auch der MedUni Wien zu viel. Ihre fünf Vorschläge: Der Preis sollte angehoben, Zigarettenschmuggel stärker bekämpft, Therapieangebote ausgebaut, Alternativangebote freigegeben und das Rauchverbot in Gastronomiebetrieben schneller umgesetzt werden. Dies hat bei Andrew Nussbaumer schon zum Erfolg geführt. Unter seinen Angestellten befinden sich noch fünf Raucher. „Drei davon haben angekündigt, mit dem Rauchen aufzuhören, sobald bei uns in der Bar nicht mehr geraucht werden darf“, berichtet der Wirtechef.
Wir reden hier nicht über ein natürliches Bedürfnis, sondern über Marketing der Tabakindustrie.
Günter Diem